Köln - Auf eindrucksvollere Weise hätte Patrick Vieira seinen 30. Geburtstag nicht feiern können. Der langjährige Arsenal-Publikumsliebling und nunmehrige Juventus-Legionär vertrat seinen nach zwei Gelben Karten gesperrten Freund Zinedine Zidane als Leithammel des französischen Fußball-Nationalteams bravourös und führte die "Equipe Tricolore" am Freitag in Köln zu einem mehr als verdienten 2:0-Erfolg im WM-Duell mit Togo.

Der herausragende Mittelfeldakteur erzielte vor etwa 25.000 begeisterten französischen Fans das 1:0 (55.) und bereitete den zweiten Treffer durch seinen ehemaligen "Gunners"-Klubkollegen Thierry Henry (61.) mustergültig vor. Die Auszeichnung zum "FIFA-Man of the match" war die logische Folge eines großen Auftritts.

Als ihn das Team am meisten brauchte, war "Zizous" Kapitän-Stellvertreter Vieira parat und füllte die auf ihn übergegangene Führungsrolle zur vollsten Zufriedenheit nicht nur der Anhänger des ehemaligen Welt- und Europameisters aus. "Normalerweise weigere ich mich strikt, Spieler einzeln zu beurteilen. Aber für Patrick mache ich heute eine Ausnahme", meinte Frankreichs Teamchef Raymond Domenech nach dem Schlusspfiff und ergänzte: "Er hat hervorragend gespielt. Wenn er voll fit und motiviert ist, ist er einer der besten Spieler dieser WM. Davon war ich immer überzeugt."

Im Stile seines Mannschaftskameraden Thierry Henry stürmte Vieira zehn Minuten nach der Pause in den Strafraum, nahm einen Pass von Franck Ribery an und vollendete mit einem Drehschuss ins lange Eck zum 1:0. Der am Freitag sehr starke Togo-Keeper Kossi Agassa hatte keine Chance. Es war erst das fünfte Tor des kompromisslosen Zweikämpfers Vieira in seinem 90. Länderspiel, dafür aber ein enorm wichtiges. Liefen die Franzosen doch Gefahr, zum zweiten Mal in Serie nach der WM-Gruppenphase die Koffer packen zu müssen.

Um sich auch im Falle eines letztlich nicht eingetretenen Remis zwischen der Schweiz und Südkorea (Endresultat 2:0) sicher im Achtelfinale zu finden, benötigten "Les Bleus" (Die Blauen) ein weiteres Tor und schossen es sechs Minuten später. Vieira schraubte sich zu Sagnols langer Hereingabe in die Luft, bediente Henry per Kopf und durfte sich nach dem zweiten Treffer des Arsenal-Goalgetters im laufenden Turnier zu Recht als Matchwinner feiern lassen.

"Ich muss zugeben, auch in persönlicher Hinsicht ist das eine große Befriedigung und Genugtuung", erklärte Vieira, der wie viele seiner Teamkollegen für die schwachen Spiele gegen die Schweiz (0:0) und Südkorea (1:1) hart kritisiert worden war. "Ich fühle mich immer besser. Im Team steckt großes Potenzial und ich hoffe, dass wir nun befreiter aufspielen können", meinte der Juve-Profi und fügte mit französischem Selbstbewusstsein hinzu: "Wir sind eine sehr gute Mannschaft und hätten es sicher nicht verdient gehabt, so früh auszuscheiden."

Mit dem seit Freitag 34-jährigen Zidane verbindet den nun 30-jährigen Vieira nicht nur der 23. Juni als gemeinsamer Geburtstag, sondern auch eine langjährige Freundschaft. Auch in der Stunde seines persönlichen Triumphes hob der Stellvertreter daher die Bedeutung des etatmäßigen Kapitäns hervor, der seine große Karriere nach der WM beenden wird. "Zinedine war mit uns in der Umkleidekabine. Er hat vor dem Spiel seine Ansprache gehalten, wie immer. Das hat uns enorm motiviert."

Überbewerten wollte Vieira das Fehlen des heimlichen "Chefs" aber auch nicht: "Ohne Zidane spielen wir so wie mit ihm: Wir wollen Tore schießen, da gibt es keinen Unterschied. Zinedine ist ein absoluter Weltklassespieler, aber unser Plan ist immer gleich." Neben dem Trubel um Vieira und den "Großen Abwesenden" Zidane wäre beinahe der historische Abend eines anderen Weltmeisters von 1998 untergegangen. Verteidiger Lilian Thuram, der sich nach der WM wahrscheinlich ebenfalls vom Nationalteam verabschieden wird, überbot mit 117 Länderspielen den bisherigen Rekord von Marcel Desailly.(APA)