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Ein US-Soldat auf der Heckklappe eines Hubschraubers. Die multinationalen Truppen führen derzeit die Offensive "Mountain Thrust" gegen die hartnäckigen Widerstand leistenden Taliban durch.

Foto: AP/Rodrigo Abd
Kandahar/Kabul - Bei Kämpfen mit afghanischen und US-geführten Koalitionsstreitkräften sind im Süden Afghanistans mindestens 48 Taliban-Rebellen getötet worden. Das gab am Sonntag die afghanische Armee in Kandahar bekannt. Bei der größten Anti-Taliban-Offensive ("Operation Mountain Thrust") seit Ende 2001 sind damit innerhalb von zwei Wochen annähernd zweihundert Aufständische getötet worden. Der afghanische Präsident Hamid Karzai hat unterdessen den Kampf der USA gegen den Terrorismus in seinem Land als ineffektiv kritisiert. Die derzeitige Militäroffensive könne nichts am florierenden Drogenhandel und fehlenden Wiederaufbau ändern, sagte Karzai. Bei "fünf- bis sechshundert Toten in den vergangenen drei Wochen" müsse eine "Neubewertung" der Methoden im Anti-Terror-Kampf vorgenommen werden.

Die US-Streitkräfte teilten am Sonntag mit, auch zwei Soldaten der US-geführten Koalitionstruppen seien bei den Kämpfen am Vortag ums Leben gekommen. Über deren Staatsangehörigkeit lagen zunächst keine Informationen vor. Am Freitag waren bei zwei Gefechten nach US-Angaben 65 Rebellen ums Leben gekommen. Bei Kämpfen und Anschlägen sind in den vergangenen drei Monaten in Afghanistan mehr als 1100 Menschen ums Leben gekommen. Angesichts der eskalierenden Gewalt hatte der afghanische Präsident die internationale Gemeinschaft dazu aufgefordert, ihre Taktik im Kampf gegen die Taliban zu überdenken.

Ein Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums sagte, mit dem gegenwärtigen Großeinsatz sollten "Sicherheit und eine sichere Atmosphäre für den Wiederaufbau der südlichen und südwestlichen Regionen des Landes hergestellt werden". Ab Ende Juli sollen Truppen der NATO-Schutztruppe ISAF auch im Süden eingesetzt werden. ISAF-Soldaten sind bisher nur im Norden und Westen des Landes stationiert. Die USA erwarten eine weitere Zunahme der Gewalt. Durch die Ausweitung des Einsatzes von US-, NATO- und afghanischen Truppen in den Süden des Landes dürfte es häufiger zu Zusammenstößen mit den Taliban kommen, sagte eine US-Militärsprecherin. Die Aufständischen haben zum "Heiligen Krieg" gegen die rund 30.000 ausländischen Soldaten im Land und gegen die pro-westliche Kabuler Regierung aufgerufen.

Vor wenigen Tagen wurden bei einem Gefecht in der nordöstlichen Provinz Nuristan vier US-Soldaten getötet und ein weiterer verletzt, wie die Koalitionstruppen am Sonntag mitteilten. Die Zahl der im Kampf getöteten Soldaten stieg damit seit Jahresbeginn auf 43. Etwa die Hälfte der Toten waren US-Soldaten. An der Offensive gegen die Taliban sind neben Soldaten aus den USA auch solche aus Großbritannien, Kanada und Rumänien beteiligt. Zudem nehmen 3000 afghanische Soldaten an der "Operation Mountain Thrust" teil - mehr als jemals zuvor bei einer US-geführten Offensive. Die US-geführten Truppen konzentrieren ihre Operationen auf die Provinzen Helmand, Kandahar und Uruzgan, wo Taliban-Kämpfer am aktivsten sind.

Das deutsche Nachrichtenmagazin "Focus" berichtete in seiner jüngsten Ausgabe, die Regierung in Berlin sei beunruhigt über Vermutungen, die US-Regierung dränge den afghanischen Präsidenten Karzai zum Amtsverzicht. Deutsche Diplomaten hätten auf dem kleinen Dienstweg bei ihren US-Kollegen nachgefragt, nachdem in Kabul Geheimdienstinformationen über einen Austausch Karzais und weiterer Mitglieder der afghanischen Führung in einem "blutigen September" kursierten. Die USA bestritten demnach entschieden, dass sie Karzai fallen lassen wollten. (APA/AP/dpa)