Das Karrierenforum über die Herausforderungen von internationalem und interkulturellem Projektmanagement.

Foto: Christian Fischer
In Österreich gibt es derzeit rund 3000 nach dem internationalen Standard IPMA zertifizierte Projektmanager. 30 Prozent davon sind Frauen. Dass Projektmanagement längst nicht mehr etwas ist, das ein paar Leute als Betätigung angeben, die ihre Jobinhalte nicht richtig beschreiben können, war Ausgangsbasis des aktuellen Karrierenforums. Allerdings: das Spektrum ist breit und reicht von der Organisation eines Büroumzugs bis zum internationalen Anlagenbau im Konsortium. Entsprechend wirr ist manchmal auch die Zuordnung zu diesem Berufsbild.

Meist, so Brigitte Schaden, Vorstandschefin der Projektmanager-Vereinigung pma, seien Projektmanager in Österreich fix angestellt, aber: "Projektmanagement auf zeit nimmt zu." Weil Unternehmen im Zuge der fortschreitenden Internationalisierung zunehmend Kompetenzen für bestimmte Projekte brauchten, die sie inhouse nicht finden und aber nur für Spezifisches benötigen. Dafür brauche es allerdings einen bestimmten Menschentyp: Beweglichkeit und die Lust auf immer Neues sind Voraussetzungen. Eine internationale Zertifizierung ist es meist auch, allerdings: "Die Toolbox ist natürlich Bedingung, aber gerade bei den grenzüberschreitenden Projekten erlangen die sozialen Fähigkeiten deutlich an Gewicht", sagt Schaden auch in ihrer Funktion in der Ausbildung (IPMA). "Man kann die Tools und Techniken beherrschen, wenn man menschlich nicht geeignet ist, dann geht gar nichts. Dafür gibt es aber natürlich kein Rezept", so melania Gagea, Senior Project Managerin beim Fluchsicherungstechnik-Unternehmen Frequentis. fachliche Tiefe sei auch zentral: "Man kann nicht managen, was man gar nicht versteht."

Klar sei, so die Runde: Projektmanagement ist eine Führungsrolle. Gagea: "Bei uns tragen die Projektleiter sehr viel Verantwortung, das heißt: Sie müssen Druck aushalten können." Das sei ein wesentliches Kriterium beim Auswahlprozess. Man habe einfach schon zu viele Leute nach ein, zwei Jahren ausbrennen gesehen, konstatieren die Diskutanten.

"Wir schauen uns die Stressfähigkeit auch sehr genau an", so Werner Steiber, Vorstand in der Internet-Tochter der Erste Bank, ecetra. Dabei legt er großes Augenmerk auf die "Eskalations- und Deeskalationsfähigkeit". Diese hätten vorwiegend Menschen, die mit Projektabläufen vertraut sind und nicht alles als persönliches Scheitern begreifen.


Karriereschritt

Steiber: "Projektmanagement ist bei uns klar ein Karriereschritt. Da geht es nicht bloß um ein bisschen mehr Geld, sondern um wesentlich mehr Verantwortung." Das sei inhouse mittlerweile sehr beliebt und begehrt.

Recruiting betreiben alle Unternehmen im Karrierenforum selbst ohne zwischen geschaltete Personalberatungen. Die Anforderungsprofile vor allem im Bereich der soft facts seien meist zu komplex oder zu spezifisch. Steiber: "Über das Internet lassen sich solche Leute überhaupt nicht rekrutieren, das funktioniert nicht." Der persönliche Kontakt sei schon einmal die halbe Miete, schließlich müsse beurteilt werden, wer zum Kunden wie passe. Schaden berichtet: "80 Prozent der gescheiterten Projekte sind wegen menschlicher Probleme schief gegangen."

Alle nennen vor allem die interkulturelle Bewegungsfähigkeit als Asset. Steiber spricht in diesem Zusammenhang von einem "Bier-Budget" seiner Projektmanager. Psychologie sei zentral, daher gibt er Spielraum zur Annäherung an die meist fremden Partner.

viele mögliche Bruchstellen"

"Es gibt vor allem auf dem internationalen Parkett so viele mögliche Bruchstellen", sagt Hansjörg Zahradnik, Senior Berater und Projektcoach bei next level. Er coacht Projektmanager und Projekte. Seine Rolle dort sei zunehmend die eines Reflexionspartners. "Früher wurden wir meist in der Krise geholt, wo kaum mehr etwas zu machen war." Steiber begrüßt sogar den Projektcoach als eigenes Berufsbild, genährt mit Ausbildungen aus dem systemischen Coaching. Er sei zwar im Projektcontrolling gut aufgestellt, aber Reibungsverluste im zwischenmenschlichen Bereich sollten ja ebenso tunlichst vermieden werden.

"Wir setzen Coaches immer zu Beginn eines Projektes ein", berichtet Alexander Hladky, Geschäftsführer der Eventagentur Hallamasch. Er arbeitet international, hat etwa in Portugal die Fußball-EM organisiert und ist in Österreich unter anderem als Organisator des Wiener Stadtfest bekannt. Dabei gehe es auch stark um das Bewusstsein von Risikomanagement, denn: Bei Events ist der Projektmanager auch immer für Menschenleben verantwortlich. Das baue unglaublichen Druck auf - Projektleiter müssten in die Position gebracht werden, sich aus dem Ablauf lösen zu können und ständig mit dem Blick für mögliche Gefahren uns Krisen da zu sein. "Da geht es stark auch um mentale Ressourcen."

Zahradnik nennt die Eigenverantwortung für solche Jobs: "Die Güte eines Projektmanagers zeigt sich ja auch daran, welches Environment er sich schafft."

Eine gemeinsame Erfahrung teilt die Runde noch: Österreichische Projektmanager seien im benachbarten Ausland sehr begehrt. Offenbar, so die Vermutung, seien Österreicher "mit einer anderen Grund-Sensitivität ausgestattet als etwa Deutsche oder Amerikaner". Mittlerweile holten auch deutsche Unternehmen Österreicher bevorzugt als Projektmanager in Osteuropa. "Respekt, Offenheit, Neugier", so Zahradnik, "das öffnet Türen".

Resümee: Das Anforderungsprofil an Projektmanager ist hoch, aber: Wer auf Menschen eingehen will und das auch kann, Druck und Stress zu managen versteht, wen immer Neues inspiriert und Mobilität nicht abschreckt, der hat als Projektmanager immer bessere Karrierechancen. Frauen räumte die Runde dabei eine besonders gute Position ein. (Der Standard, Printausgabe 24./25.6.2006)