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Auch in der Schweiz (Bild: Monte San Giorgio) ist der Alpentransit ein ungelöstes Problem. Geboren wurde die Idee einer Transitbörse.

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Bern - Tagaus, tagein donnern die Lkws durch das enge Gebirgstal der Urner Reuss und des Ticino-Flusses, ein großer Teil davon im europäischen Transitverkehr, mehr als eine Million Fahrten jährlich sind es. Zusammen mit den anderen Schweizer Transitrouten am Simplon und am San Bernardino sind es gar 1,3 Millionen Fahrten - dabei dürften es laut der Schweizer Verfassung eigentlich nur halb so viele sein, nämlich 650.000 Lastwagen-Transitfahrten jährlich.

Das Schweizer Volk hatte 1994 eine so genannte "Alpen-Initiative"angenommen, die den Lastwagen-Transitverkehr durch die Alpen beschränken und die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene fördern sollte.

Zwar hat die Schweizer Regierung mit der LSVA, der Leistungsabhängigen Schwerverkehrs-Abgabe, den Transitverkehr verteuert, und man baut zwei neue Eisenbahn-Basistunnel, um die Güter auf die Schiene zu bringen: Doch das reicht nicht aus für eine Trendwende im stetig steigenden Güterverkehr.

Eine neue Idee gewinnt daher immer mehr Anhänger: die Idee einer so genannten Alpentransitbörse.

Rechte-Versteigerung

Dabei geht es darum, per Internet die Rechte auf eine bestimmte Anzahl Transitfahrten zu versteigern. Wer am meisten bezahlt, darf fahren - mit andern Worten, nur noch dringende und wertvolle Gütertransporte würden per Lastwagen erfolgen, so die Hoffnung der Befürworter.

Der Schweizer Verkehrsminister, Moritz Leuenberger, stellte diese Idee des Handels mit Transitrechten vor einigen Wochen dem EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot und dem österreichischen Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach vor und vermochte deren Interesse zu wecken. Gorbach habe von einer "hervoragenden Idee"gesprochen, hieß es danach; und die EU-Kommission erwähnt in ihrem neuen Strategiepapier zur Verkehrspolitik, das am Donnerstag in Brüssel veröffentlicht wurde, die Transitbörse als mögliches Mittel zur Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene.

Noch ein weiter Weg

Von der Idee zur Wirklichkeit ist es freilich noch ein weiter Weg. Fraglich ist beispielsweise, ob die EU eine Begrenzung für Transitfahrten und eine Bevorzugung des schweizerischen Binnenverkehrs akzeptieren würde. Wenn dies nicht der Fall sei, befürchtet die Schweizer Lastwagenlobby, dann würde auch der innerschweizerische Verkehr von und nach dem Südkanton Tessin verteuert.

Bis es so weit ist, rollen die Lkws weiter, nur selten muss "nachgeholfen" werden wie am Freitag mit einer Sprengung großer Felsbrocken, die auf die Gotthard-Autobahn gestürzt waren. In einigen Tagen soll die Autobahn wieder eröffnet werden, rechtzeitig zu Ferienbeginn, wenn bis zu 50.000 Autos täglich die Gotthard-Achse in Richtung Italien befahren. Das größte Problem sind freilich nicht die Urlauber, sondern der ganzjährige Lastwagenverkehr. (Klaus Bonanomi, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25.6.2006)