Wien - "Freies Arbeiten ohne Existenzangst" will ein neues Modell zur finanziellen Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern ermöglichen, das vom Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl, am Freitag in Wien vorgestellt wurde. Dabei sollen alle Künstler, die monatlich weniger als 900 Euro verdienen, einen Zuschuss bis zu dieser Höhe aus einem staatlichen Fonds erhalten. Die derzeitigen Regelungen des Künstlersozialversicherungsfonds (KSVF) lehnen die Grünen ab. Das neue Modell sei aufkommensneutral und sollte den bestehenden KSVF ersetzen, so Zinggl.

"Kaum eine Berufsgruppe verfügt über derart unterschiedliche und unregelmäßige Erwerbsformen", heißt es in dem zehnseitigen Vorschlag, "Sie tragen ein hohes individuelles Risiko mit extrem schwankenden Einkommen, nicht vorhersehbarem Ertrag und Investitionen". Viele Kunstschaffende lebten unter der Armutsgrenze, die "Künstlersozialversicherung" sei als Zuschuss zur Pensionsversicherung, der aber kein Kranken- und Arbeitslosengeld inkludiere, ein Etikettenschwindel und missachte zudem die Lebensrealitäten von Künstlern.

"Absurde Situationen"

Die vorgeschriebene Mindesteinkommensgrenze, die für Gewährung eines Zuschusses erreicht werden muss, führe zu absurden Situationen, gegen die von den Betroffenen bisher vergeblich protestiert wurde: "Die gegenwärtige Gesetzeslage wird gerade für jene KünstlerInnen fatal, die am wenigsten verdienen. 600 Künstlerinnen und Künstler müssen heuer ihre Zuschüsse zur Pensionsversicherung zurück zahlen, weil sie im Jahr 2001 die vorgeschriebene Mindesteinkommensgrenze von 3554,57 Euro nicht erreicht haben", heißt es in dem Papier. Dies widerspreche dem Zweck der sozialen Absicherung. Die Grünen fordern daher einen sofortigen Stopp aller Rückzahlungsforderungen und ein neues Gesetz zur sozialen Absicherung von Künstlern.

Das Medianeinkommen jener Künstlerinnen und Künstler, die Steuerberatung in Anspruch nehmen, liegt laut Zinggl bei jährlich 7.500 Euro, um 3.300 Euro weniger als die vorgeschlagene Grundsicherung. Bei einer angenommenen Zahl von rund 7.000 Künstlern würden nach diesen Berechnungen jährlich 23,1 Mio. Euro für die Finanzierung des vorgeschlagenen Modells benötigt werden, wobei allerdings rund ein Viertel davon an Sozialabgaben wieder zurückfließen würden.

"Win-Win-Modell"

Sein Vorschlag könne alleine durch Umschichtungen finanziert werden, glaubt Zinggl. Die jährlichen Einnahmen des bestehenden KSVF, der sich dann erübrigen würde, betragen aus Beiträgen der Kabelbetreiber und aus dem Verkauf von Sat-Receivern rund 5,6 Mio. Euro. Diese sollen für den neuen Fonds umgewidmet werden. Eine Grundsicherung würde den Wegfall von anderen Kosten wie Beihilfen oder Arbeitslosengelder bedeuten, ein weiterer großer Teil der Kosten in der Höhe von zumindest 10 Mio. Euro könne aus jenen Geldern bestritten werden, die Verwertungsgesellschaften wie AKM oder VBW laut Gesetz an soziale und kulturelle Einrichtungen weitergeben müssen. Derzeitige KSVF-Reserven von etwa 11 Mill. Euro sowie eine einmalige Zahlung des Bundes in den neuen Fonds von 15 Mio. Euro sollen als Sicherungen und Rücklagen dienen, würden aber für die laufenden Auszahlungen nicht benötigt, versicherte Zinggl.

"Das System ist ein Win-Win-Modell. Die Künstler sind abgesichert, ohne dass der Staat mehr Geld dafür aufbringen muss", so Zinggl. Das vorgestellte Modell soll im Herbst einen Bestandteil für allfällige Koalitionsgespräche im Bereich der Kultur darstellen, "und wenn wir nicht in der Regierung sind, wird es parlamentarisch eingebracht." (APA)