Stuttgart - ÖFB-Teamchef Josef Hickersberger hat am Donnerstag in Hamburg mit der Partie Italien - Tschechien (2:0) das letzte seiner acht Gruppenspiele im Rahmen der Fußball-WM im Stadion beobachtet und danach eine erste Bilanz gezogen. "Argentinien wäre ein logischer Weltmeister", erklärte der Niederösterreicher kurz vor dem Ende der WM-Gruppenphase.

Als weitere Titelkandidaten stuft "Hicke" die Spanier und auch die Brasilianer ein, obwohl der Rekord-Champion im bisherigen Turnierverlauf nicht richtig überzeugte. "Aber die Brasilianer sind noch immer auf meiner Rechnung, weil sie so viele individuelle Klassespieler haben, die eine Partie alleine entscheiden können. Außerdem wird es in der K.o-Phase offenere Spiele geben, da werden sie mehr Räume haben und besser ausschauen." Gastgeber Deutschland hätte in einer leichten Gruppe überzeugt, "aber jetzt kommen andere Kaliber", so Hickersberger.

Polen auf Platz zwei erwartet

Überrascht zeigte sich der 58-Jährige vom Ausscheiden Polens und Tschechiens. "Polen hätte ich auf Platz zwei erwartet. Die Tschechen sind nach einem großartigen Start noch ausgeschieden, aber nach der Verletzung von Koller ist Teamchef Brückner quasi ohne Stürmer da gestanden." Probleme im Angriff werden auch England zum Verhängnis werden, prophezeite Hickersberger. "Owen ist verletzt und Rooney kann noch keine 90 Minuten durchspielen. Damit kann man nicht Weltmeister werden. England wird noch Ecuador schlagen, aber im Viertelfinale ist Endstation."

Auch den Italienern traut der Teamchef in der derzeitigen Formation nicht allzu viel zu. "Wenn Lippi weiter an Totti festhält, wird Italien große Probleme haben, weiterzukommen."

"Drei oder vier hochklassige Spiele"

Trotz aller Begeisterung rund um das Turnier waren laut Hickersberger sportliche Glanzleistungen Mangelware. "Bisher hat es drei oder vier hochklassige Spiele und ansonsten mittelmäßige Partien gegeben, die von der Stimmung im Stadion gelebt haben. Vielleicht waren auch die Erwartungen zu hoch", vermutete der frühere Rapid-Trainer

Ein Grund für das Ausbleiben von mitreißenden Begegnungen war auch das strikte Defensiv-Konzept, mit der viele Außenseiter aufkreuzten. "Aber das ist das gute Recht von schwächeren Teams, auf diese Taktik zurückzugreifen. Trinidad und Tobago hat damit die Schweden zur Verzweiflung und England an den Rand einer Blamage gebracht. Bei so einer Taktik schauen sogar fünffache Weltmeister manchmal schlecht aus."

Realismus bezüglich ÖFB-Team

Wie Österreich bei der Endrunde ausschauen würde, wollte der Teamchef nicht beurteilen. "In der Qualifikation waren wir deutlich hinter Polen, und wer erwartet, dass wir bei der WM besser als Polen abgeschnitten hätten, den bewundere ich für seinen grenzenlosen Optimismus."

Hickersberger legte bei seinen Beobachtungen der europäischen WM-Teams im Hinblick auf die Heim-EURO 2008 nur einen Tag Pause ein. Bereits am Samstag geht es mit dem Achtelfinale Deutschland - Schweden in München weiter, am Sonntag folgt in Nürnberg das Duell zwischen den Niederlanden und Portugal. "Danach sehen wir weiter", so der Coach. (APA)