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Rudolf Hundstorfer und Alfred Gusenbauer haben sich derzeit außer Unfreundlichkeiten nicht viel zu sagen.

Foto: APA/Herbert P. Oczeret
ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer hätte seinen Verzicht auf ein Nationalratsmandat lieber ohne öffentlichen Zuruf von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer verkündet. Andere ÖGB-Spitzen halten die Trennung von SPÖ und ÖGB für einen "schweren Fehler".

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Alles war so schön geplant und ausgemacht: ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer hätte am Donnerstag seinen Verzicht auf ein Nationalratsmandat verkünden wollen - und mit dieser Offensive die ÖGB-Reformklausur vom Wochenende eingeläutet. Das war auch mit der SPÖ-Spitze abgesprochen - SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer machte ihm aber dennoch einen dicken Strich durch die Rechnung.

Denn nach Gusenbauers Attacke in der SPÖ-Klubsitzung, dass ÖGB-Spitzenfunktionäre raus aus dem Parlament müssen, konnte Hundstorfer nur mehr reagieren - und seinen "freiwilligen"Rückzug verkünden. Nicht ohne den bitteren Zusatz: "Ich hätte es begrüßt, das gemeinsam zu vermitteln. Ich kann die Emotionen des Parteivorsitzenden nicht nachvollziehen."

Der Zorn über Parteifreund Vorsitzenden ist auch bei anderen Spitzen-Gewerkschaftern deutlich zu hören: "Von der Optik ist es so, dass das jetzt sehr schlecht ausschaut", kritisiert Wolfgang Katzian, Chef der Gewerkschaft der Privatangestellten und seit drei Monaten im Nationalrat, Gusenbauers Attacke. Er habe Gusenbauers Ausbruch in der Klubsitzung nicht nachvollziehen können, sagt er im Standard-Gespräch: "Der ÖGB lässt sich von keiner politischen Fraktion Vorschriften machen."Katzian ist Spitzenkandidat der Wiener SPÖ in Hietzing. Dort macht die SP nie ein Grundmandat, Katzian müsste auf die Landes- oder Bundesliste.

Katzian für Gewerkschafter im Parlament

Unabhängig von seiner Person pocht Katzian darauf, dass Gewerkschafter auch künftig im Parlament sitzen sollen: "Ich würde es für einen schweren Fehler halten, wenn sich SPÖ und rote Gewerkschafter trennen."Denn nur Kollektivverträge und Betriebsratsarbeit seien für den ÖGB zu wenig: "Der ÖGB will die gesellschaftliche Entwicklung mitgestalten. Diesen Anspruch werde ich mir von niemandem verbieten lassen."

Inoffiziell finden andere Spitzengewerkschafter noch viel schärfere Worte für Gusenbauer. Dessen Attacke sei "unfair und kontraproduktiv", tönt einer. Gusenbauer selbst bleibt im Standard-Gespräch dabei: "Es muss klar sein, welche Interessen jemand in erster Linie vertritt."Also SPÖ oder ÖGB.

Ob Spitzengewerkschafter kein Mandat haben sollen und wer zur "Spitze"zähle, darauf wollte sich Gusenbauer Donnerstag nicht konkret festlegen: "Das werden wir entscheiden."Der Verzicht Hundstorfers sei jedenfalls positiv und "Teil des Neustarts". Nicht alle in der SPÖ sehen das so: Die SP Oberösterreich belässt demonstrativ Gewerkschafter auf ihrer Liste. (DER STANDARD, Printausgabe, 23. Juni 2006)