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Foto: APA/EPA/Thomas Lohnes
Brüssel - Die EU-Kommission hat am Donnerstag in Brüssel ihre Vorschläge für eine radikale Reform des EU-Weinmarktes vorgelegt. Kern der Vorschläge ist die - geförderte - freiwillige Rodung von rund 400.000 der insgesamt 3,4 Millionen Hektar Weinanbauflächen sowie die Abschaffung der Notdestillation. Außerdem sollen neue Vinifizierungsverfahren zugelassen und die Europäischen Weinetiketten leichter lesbar werden.

Österreich kaum betroffen

Österreich ist laut Landwirtschaftsminister Josef Pröll von den Maßnahmen kaum betroffen, "zumal der österreichische Weinsektor sich in den vergangenen Jahren bereits sehr effizient am Markt ausgerichtet hat und dies auch in Zukunft tun wird". Pröll unterstrich am Donnerstag in einer Aussendung, dass die Reform notwendig sei, aber "Schnellschüsse" kontraproduktiv wären.

Die EU-Kommission reagiert mit der Reform auf den stetigen Rückgang des Weinkonsums in Europa bei gleichzeitiger Zunahme der Importe aus der neuen Welt um etwa zehn Prozent pro Jahr und nur mäßigem Anstieg der Exporte. Der Überschuss macht derzeit schon rund ein Achtel der Produktion aus und würde ohne Korrektur bis 2010 auf 15 Prozent der Jahresproduktion steigen, schätzt die EU-Kommission. Schon jetzt werde die so genannte "Dringlichkeits-Destillation" - das Brennen von zuviel produziertem Wein mit EU-Förderungen etwa zu Spritzusatz - zunehmend für Qualitätsweine in Anspruch genommen, heißt es in dem Papier der Kommission.

Starre Regelungen

Aus Sicht der EU-Kommission sind die derzeitigen Vorschriften zur Anpassung der Weinbereitungsverfahren schwerfällig und beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit. Die komplexen und starren Etikettierungsvorschriften verunsichern die Verbraucher und behindern die Vermarktung von EU-Weinen.

Ziel der Reform sei es "eine Weinregelung zu schaffen, die die besten Traditionen der Weinerzeugung in der EU bewahrt, das soziale Gefüge im ländlichen Raum stärkt, den Umweltschutz gewährleistet und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Weinproduktion verbessert", so die EU-Kommission. Ähnlich wie bei der Zuckermarktreform soll es Prämien für einen Verzicht auf Produktion geben. Vorgesehen hat die Brüsseler Behörde 2,4 Mrd. Euro, mit denen es gelingen soll, die europäischen Weinproduzenten zu überzeugen, innerhalb von fünf Jahren 400.000 Hektar Rebstöcke zu roden. Für die Flächen würde es später auch andere landwirtschaftliche Mittel geben.

Die Auffangnetze wie Destillation von Überschüssen soll abgeschafft werden bzw. soll es Mittel für Spezialmaßnahmen für die Mitgliedstaaten geben. Außerdem soll im Rahmen der Fördermittel für die ländliche Entwicklung eine Art Frühpensions-Modell für Weinbauern geschaffen werden.

Zwei Arten von Weinen

Die Vorschriften sehen nur noch zwei Arten von Weinen vor, solche mit geografischen Angaben und solche ohne. Unter anderem soll es künftig erlaubt sein, auch auf Weinen ohne spezielle Herkunft Angaben zur Rebsorte und zum Jahrgang zu machen. Verboten wäre künftig das Aufzuckern der Maische, erlaubt dagegen der Einsatz von Holzschnitzeln, um den Weinen den typischen Barrique-Geschmack zu verleihen, ohne sie in teuren Eichenfässern lagern zu müssen.

In der EU gibt es mehr als 1,5 Millionen Wein erzeugende Betriebe, die 3,4 Millionen Hektar oder 2 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen der EU bewirtschaften. Die Förderungen für die Weinbauern machen rund drei Prozent des gesamten Agrarbudgets aus. Im Jahr 2004 machte die Weinerzeugung 5,4 Prozent der landwirtschaftlichen Erzeugung der EU aus - in Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Luxemburg und Slowenien mehr als 10 Prozent. Insgesamt liegt EU-weit derzeit das Sechsfache der österreichischen Produktion um teures Fördergeld auf Lager.

Informieren statt destillieren

Die Steuerzahler in der EU geben jährlich rund 1,3 Milliarden Euro für die Förderung des Weinanbaus aus. Dies soll sich auch in Zukunft nicht ändern, aber die Mittel sollen effizienter eingesetzt werden. Bisher seien die Förderungen "ein Fass ohne Boden" gewesen, so der Präsident des österreichischen Weinbauverbandes, Josef Pleil.

Alleine gut 500 Millionen Euro wurden für die Destillation von überschüssigen Wein ausgegeben. Das will Österreich bei der geplanten EU-Weinreform ändern. Künftig soll das Motto gelten: Informieren statt destillieren. Anstatt die Anbauflächen zurückzufahren, sollten neue Märkte in Russland, dem Nahen Osten, Indien und China erobert werden, erklärte Pleil am Donnerstag vor Journalisten. Von den 1,3 Milliarden Euro EU-Förderungen fließen gerade einmal 15 Millionen Euro in Information und Werbung.

Weinbauern gegen Rodungen

Obwohl Österreichs Weinbauern die Reform grundsätzlich begrüßen, lehnen sie einige geplante Reformen ab: So sei etwa geplant, 400.000 ha Weinfläche auf freiwilliger Basis und gegen eine Förderung zu roden. Dies würde aber nur dazu führen, dass Nicht-EU-Länder noch mehr in die Europäische Union exportieren würden. Dem hält der EU-Agrardirektor Wolfgang Burtscher entgegen, dass viele Anbauflächen erst in letzter Zeit entstanden seien und diese nur das Ziel hatten, Förderungen zu lukrieren.

Abgelehnt wird von Österreich auch das geplante Zuckerzugabe-Verbot. Ein Ersatz von Zucker durch ein anderes Produkt würde primär Italien als größten Hersteller der Zuckeralternative fördern. Dem hält die EU entgegen, dass durch die sinkenden Zuckerpreise für einen gerechten Wettbewerb eine höhere Förderung für Zuckerersatz erforderlich wäre, wodurch sich "die Katze in den Schwanz beißen würde".

Unterschiedlicher Meinung ist man auch bei der Etikettierung von Tafelwein. Hier gebe es einen Trend hin zu mit Qualitätswein vergleichbaren Etiketten, was den Qualitätsbestrebungen Österreichs widerspreche. Die EU wiederum argumentiert, dass es den Konsumenten überlassen werden müsse, für welches Produkt er sich entscheide. Und es sei eben ein Trend bemerkbar, wonach der Geschmack wichtiger sei als die Qualitätsauszeichnung. (APA)