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Jede zehnte Firmeninsolvenz wird übrigens absichtlich herbeigeführt.

Foto: AP/Sekretarev
Wien - Eine Entspannung bei den Unternehmenspleiten, aber ein Anstieg bei den Privatkonkursen erwartet der Kreditschutzverband von 1870 (KSV) für das laufende Jahr. Während die Zahl der Unternehmenspleiten im ersten Halbjahr 2006 um 5,6 Prozent auf 3.394 Fälle zurückgegangen ist, nahm die Zahl der Privatkonkurse mit plus 13,8 Prozent auf 3.726 Pleiten zu. Damit sind bereits mehr Private zahlungsunfähig als Unternehmen.

Für das Gesamtjahr 2006 sei mit einem Rückgang der Firmenpleiten auf 6.900 nach 7.056 Fälle zu rechnen, bei den Privaten werde es einen weiteren Anstieg um 14 Prozent auf rund 7.400 Fälle geben, betonte der Leiter der KSV-Insolvenzabteilung, Hans-Georg Kantner, am Donnerstag bei der Halbjahrespressekonferenz. Bedenklich sei, dass bereits jede zehnte Firmenpleite absichtlich herbeigeführt werde.

Betrügerischer Hintergrund

Konkret geht der KSV von rund 760 Firmenpleiten mit betrügerischem Hintergrund aus. Davon entfallen 7 Prozent auf eröffnete Verfahren und 14 Prozent auf mangels Masse abgewiesene Konkurse. Alle diese Fälle müssten einer strafrechtlichen Untersuchung unterzogen werden, so der KSV-Geschäftsführer Johannes Nejedlik. Nur so könne man verhindern, dass sich "schwarze Schafe" hinter redlichen Unternehmern verstecken.

Ein großer Teil der betrügerischen Fälle entfalle auf den Bau, wo häufig mit Scheinfirmen gearbeitet werde. So habe es in der Baubranche im Vorjahr allein 12 Firmen gegeben, die drei Mal hintereinander in den Konkurs schlitterten, der mangels Masse abgewiesen wurde. Der KSV fordert daher, dass alle mangels Masse abgewiesenen Konkurse von der Wirtschaftspolizei untersucht werden. Dies sei eine Sache für das Strafrecht, so Kantner. Die Zahl der wegen betrügerischer Krida verurteilten Fälle bezifferte er mit derzeit "ein bis zwei Dutzend" pro Jahr.

Der deutliche Anstieg bei den Privatkonkursen sei, so Kantner, nicht alarmierend. Dieser Entwicklung könne man vorwiegend Gutes abgewinnen, da nur derjenige, der über ein geregeltes Einkommen verfüge, auch seine Schulden über ein Konkursverfahren abzahlen können. Bedenklich sei allerdings, dass vor allem junge Leute im Alter zwischen 20 und 30 mit Zahlungsproblemen zu kämpfen haben.

Höhere Verbindlichkeiten

Im Detail stieg die Zahl der eröffneten Firmenpleiten im ersten Halbjahr 2006 um 0,3 Prozent auf 1.556 Fälle, davon waren 1.509 Fälle Konkurse (minus 1,4 Prozent) und 47 Fälle Ausgleiche (plus 123,8 Prozent). Bei den mangels Masse abgewiesenen Konkursanträgen gab es einen deutlichen Rückgang um 10,0 Prozent auf 1.838 Fälle. Daraus ergibt sich bei den geschätzten Gesamtinsolvenzen ein Minus um 5,6 Prozent auf 3.394 Fälle. Gestiegen sind allerdings die Verbindlichkeiten und zwar um 1,5 Prozent auf 1,050 Mrd. Euro und auch die Zahl der betroffenen Dienstnehmer mit plus 5,6 Prozent auf 11.400.

Größte Pleiten im Halbjahr waren der Konkurs der Styrian Airways mit Passiva von 50,1 Mio. Euro, gefolgt von der Amro Gruppe mit 40,0 Mio. Euro und der Altro WarenhandelsgmbH mit 32,1 Mio. Euro. Die meisten Pleiten mit 542 Fällen und Passiva von 172,2 Mio. Euro gab es in der Bauwirtschaft, gefolgt von Unternehmensbezogenen Dienstleistungen mit 506 Fällen und 133,1 Mio. Euro Verbindlichkeiten. An dritter Stelle rangiert das Gastgewerbe mit 504 Verfahren.

Bei den Privatinsolvenzen mit einem Plus von 13,4 Prozent auf 3.726 Fällen gingen die Verbindlichkeiten um 4,1 Prozent auf 378 Mio. Euro zurück. Die meisten Privatkonkurse gab es in Wien mit 1.083 Fällen gefolgt von Oberösterreich (605) und Tirol. (APA)