München/Wien - Der größte deutsche Versicherungskonzern, die Allianz, streicht trotz eines Rekordgewinns von 4,4 Milliarden Euro im Vorjahr in Deutschland bis 2008 insgesamt fast 7500 Stellen. Rund 5000 Arbeitsplätze sollen bei der Allianz selbst wegfallen, weitere 2480 bei der Tochter Dresdner Bank, gab das Unternehmen am Donnerstag bekannt. Der Stellenabbau soll bis 2008 umgesetzt sein.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi drohte bereits mit Streik, sollte die Allianz nicht zu Zugeständnissen bereit sein. "Wenn die Allianz nicht kurzfristig zu ernsthaften Verhandlungen über einen Kündigungsschutz und zu Standortsicherungszusagen bereit ist, werden die Betroffenen ihren Unmut nicht mehr nur mit Demonstrationen äußern. Streiks sind dann nicht mehr auszuschließen", sagte ein Gewerkschaftsvertreter.

"Wer notwendige Maßnahmen auf die lange Bank schiebt, kommt später um so stärker unter Druck", argumentierte Allianz-Vorstandsvorsitzender Michael Diekmann. Der Vorstandschef der Allianz Deutschland, Gerhard Rupprecht, begründete die Einschnitte vor allem mit dem Verlust von Marktanteilen.

Umbaukosten

Die Kosten für den Umbau, bei dem Lebens-, Sach- und Krankenversicherung unter dem Dach der Allianz Deutschland gebündelt werden sollen, beziffert der Konzern auf rund 500 Mio. Euro. Zugleich erwartet die Allianz Einsparungen von 500 bis 600 Mio. Euro.

In der Versicherungsbranche wird der Jobabbau bei der Allianz eher nicht auf den Verlust von Marktanteilen, sondern auf die strukturellen Veränderungen zurückgeführt. So habe die Allianz erstmals eine Holding über alle Spartengesellschaften gestülpt und unter der Holding auch eine für alle Versicherungssparten verantwortliche Vertriebsgesellschaft installiert. Die neue Aufbauorganisation bringe sicherlich einen Machtverlust für die einzelnen Versicherungszweige und Einschnitte bei der starken Arbeitnehmer-Mitarbeitermitbestimmung, sagte ein Versicherungsvertreter zum Standard. Die größten Einschnitte müsse dabei der Versicherungsdienst hinnehmen: Hier werden allein rund 3300 Stellen gestrichen. Zudem will die Allianz die Zahl ihrer Verwaltungsstandorte um die Hälfte auf zehn reduzieren.

Österreich

In Österreich hat die Allianz die Restrukturierung bereits in den vergangenen Jahren vorgenommen. Die Zahl der Mitarbeiter sank von 3400 im Jahr 2000 auf 2880 im Vorjahr. Nach einem speziell für die Allianz katastrophalen Jahr 2003 wurde im Vorjahr wieder ein Gewinn von 213 Millionen Euro erzielt.

2003 litt die gesamt Branche unter der schlechten Entwicklung auf den Kapitalmärkten, die erheblichen Wertberichtungsbedarf nach sich zog. Die Österreich-Tochter der Allianz veränderte in der Folge ihre Außenorganisation, reduzierte die Landesorganisationen und schuf überregionale Dienstleistungszentren. Ihre restriktive Schadenspolitik kostete der Allianz im Inland Marktanteile. Noch kräftiger wird heuer das Ergebnis in Österreich ausfallen.

Denn derzeit finalisiert die Allianz den Verkauf ihrer Immobilien an die Wiener Immobiliengesellschaft Conwert. Kolportierter Verkaufspreis: 500 Mio. Euro. Geht man davon aus, dass die Liegenschaften in der Lebensversicherung im Jahr 2004 einen Buchwert von 46 Mio., Euro und im Nicht-Lebens-Bereich (Allianz Elementar) mit 185 Mio. Euro in den Büchern standen, bringt der Verkauf der Allianz einen Gewinn von 231 Mio. Euro. (AP/Claudia Ruff, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.6.2006)