Wien - Friedrich Zawrel (77), Überlebender der Wiener
NS-Euthanasieanstalt "Am Spiegelgrund" will das Goldene
Verdienstzeichen des Landes Wien nicht annehmen, das ihm und 25
anderen ehemaligen "Kindern vom Spiegelgrund" verleihen werden soll.
Wie die "Salzburger Nachrichten" am Mittwoch berichteten, übt er
Kritik an der Gedenkstätte im heutigen Otto-Wagner-Spital.
"Bis jetzt dachte ich nämlich, dass man eine derart hohe Ehrung
für Verdienste bekommt und nicht, weil man die NS-Zeit überlebt hat",
so Zawrel in dem Brief: "Ich versichere Ihnen aber, dass ich trotzdem
meine Arbeit für unser Land weiterführen werde. Ich tue das aber auch
im Gedenken an die vielen grausam ermordeten Kinder der Baumgartner
Höhe, für die es noch keine ihr unvorstellbares Martyrium
dokumentierende Gedenkstätte gibt."
Keine Ausstellung dokumentiert Leid der Kinder
Der Überlebende der NS-Euthanasie kritisiert, dass bei der
Gedenkstätte keine Ausstellung gebe, die das Leid der Kinder
dokumentiert: "Nirgendwo steht, was in dieser Anstalt wirklich
geschehen ist."
Zawrel war sowohl in der Erziehungsanstalt als auch im
berüchtigten Euthanasie-Pavillon interniert, wo hunderte Kinder
während der Zeit des Nationalsozialismus medizinischen Versuchen
unterzogen und ermordet wurden. Seinem Peiniger, dem NS-Arzt Heinrich
Gross, begegnete er in den 1970er Jahren zufällig wieder. Gross war
damals angesehener Gerichtspsychiater und stellte Zawrel ein
miserables Gutachten aus. Der damals noch junge Arzt Werner Vogt half
Zawrel schließlich und machte den Fall Gross publik. (APA)