Der ÖGB wirft den Ex-Granden Fritz Verzetntisch (li.) und Günter Weninger vor, der Gewerkschaft "gigantische Vermögensnachteile zugefügt"zu haben.

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Wien - Unangemeldeter Besuch bei zehn Verdächtigen der Causa Bawag: Die Staatsanwaltschaft Wien hat am Mittwoch Hausdurchsuchungen bei den Ex-Bawag-Chefs, Ex-Managern und der Wirtschaftsprüfungskanzlei KPMG durchgeführt. Gesucht wurde nach Dokumenten, die in der Bank ja zum Teil verschwunden sind (DER STANDARD hat über die Geheimprotokolle berichtet).

Details sind mittlerweile aus der Anzeige bekannt geworden, die der ÖGB am vorigen Freitag bei der Staatsanwaltschaft engebracht hat. Besonders schwere Geschütze fährt er gegen Ex-ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch, Ex-Finanzchef Günter Weninger und Ex-Bank-Chef Helmut Elsner auf.

Enthalten in der Anzeige: eine chronologische Darstellung, wie Ex-ÖGB-Präsident Verzetnitsch "durch Unterlassung der geschuldeten Aufklärung"über Umfang und Hintergründe der mit derUmgründungsmaßnahme verbunden Verpflichtung des ÖGB den jetzigen Präsidenten Rudolf Hundstorfer getäuscht habe.

So hätte Verzetnitsch am 5. September 2005 in Kenntnis der massiven Verluste der Bawag - von denen kein anderer ÖGB-Funktionär außer Weninger und Verzetnitsch Kenntnis gehabt habe - beschlossen, an der Hauptversammlung der Bawag-Aktionäre am 8. September, in der die Abspaltung des "Bankbetriebs"der Bawag genehmigt werden sollte, nicht selbst teilzunehmen. Als Vertreter wurde kurzfristig ÖGB-Vizepräsident Hundstorfer entsandt.

Keine Aufklärung

Der habe "nicht die Möglichkeit gehabt, die von langer Hand und vielen Rechtsexperten erstellten Dokumente zu prüfen", erklärte der ÖGB am Mittwoch. Zum Zeitpunkt der Hauptversammlung war der Spaltungsvertrag vom Bankvorstand bereits unterschrieben. Und: "Verzetnitsch hätte Hundstorfer aufklären müssen, dass die angenommenen Voraussetzungen für diese Umgründungsmaßnahmen nicht gegeben waren. Somit hat er die geschuldete Aufklärung unterlassen und Hundstorfer getäuscht."

Weiters bestehe der begründete Verdacht, dass Ex-Finanzchef Weninger seine Befugnis, über fremdes Vermögen (das der ÖGB Vermögensverwaltungs GmbH; ÖVV) zu verfügen, "wissentlich missbraucht hat". Dadurch sei dem ÖGB ein "gigantischer Vermögensnachteil"zugefügt worden.

Aus den erwähnten Geheimprotokollen gingen "die tatsächlichen Verhältnisse im Bezug auf die in diesem Zeitraum entstandenen Verluste eindeutig hervor". Darin zeigte sich, dass von Bankchef Elsner eine Informationssperre nach außen angeordnet wurde, die auch gegenüber dem Aufsichtsrat und den Eigentümern gelten sollte. Informiert wurde bloß Aufsichtsratspräsident Weninger.

"Fritz Verzetnitsch ermöglichte die Handlungen von Günter Weninger spätestens ab 2001 dadurch, dass er ihn entweder gewähren ließund/oder gemeinsam mit ihm rechtsgeschäftliche Erklärungen abgab, für die kein Beschluss der zuständigen Gremien vorlag", erklärt der ÖGB.

Erst am 20. März 2006 sei das ÖGB-Präsidium von Verzetnitsch und Weninger über die Haftungsübernahmen informiert worden. Dies, nachdem Weninger und Verzetnitsch zuvor "durch unrichtige und/oder unvollständige Information einen Beschluss des ÖGB-Vorstandes herbeigeführt hatten, für die Eigenmittel der Bank im erforderlichen Ausmaß zu garantieren".

Elsner dürfte laut ÖGB seine Frau veranlasst haben, "das Penthouse"von der Bawag angeblich zu einem Bruchteil des Wertes zu kaufen. Die Mittel dürften aus dem Vermögen Elsners stammen, dem zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sein müsse, dass die Bawag Schadenersatzansprüche über mehrere hundert Millionen Euro gegen ihn stellen würde.

Weiters bestehe der Verdacht, dass Elsner durch die Einbringung eines Großteils seines Vermögens in Privatstiftungen (Gambit und Birdie; Anm.) zumindest versucht hat, einen Teil seines Vermögens zu verringern, um die Befriedigung seiner Gläubiger zu vereiteln. (APA, gra, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.6.2006)