Pergament langlebiger als digitales Medium
Eine große Herausforderung an die Bibliotheken, Archive und Museen sind dabei nicht nur die enormen Kosten für so ein Projekt. Auch die Haltbarkeit der Trägermedien, Technologie- und Softwarentwicklungen sowie Fragen des Urheberrechts müssen gelöst werden, betonte Hans Petschar, der in der Österreichischen Nationalbibliothek für das inhaltliche Konzept der europäischen digitalen Bibliothek verantwortlich ist, bei einem Pressegespräch. "Das beständigste Erhaltungsmedium ist immer noch Pergament, gefolgt von gutem Papier", sagte Petschar: "Kein einziges digitales Medium kann diesen Vorteil der Langlebigkeit für sich verbuchen."
Auch Unterschiede bei der Soft- und Hardware machen die Sache kompliziert. So müssten die digitalen Inhalte entweder auf ein neutrales Format gespeichert werden, um sie zugänglich zu erhalten oder auch die dazugehörige Soft- und Hardware aufgehoben werden. Die Folge: "Eine digitale Bibliothek hat einen Kostenfaktor hoch zehn gegenüber konventionellen Bibliotheken des 19. Jahrhunderts", erläuterte Petschar. Die Österreichische Nationalbibliothek gibt nur für die Digitalisierung rund 120.000 Euro pro Jahr aus. Dazu kämen jährliche Infrastrukturkosten von fünf Millionen Euro aufwärts.
Der Aufbau der Europäischen Digitalen Bibliothek sei Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, erklärte Horst Forster, Leiter des Bereichs "Content" in der Generaldirektion Informationsgesellschaft der Europäischen Kommission. Die EU finanziere in diesem Bereich vor allem Forschungsprojekte und stelle Geld für Kofinanzierungen zur Verfügung. Das Programm zum Aufbau der Bibliothek ist festgelegt: Noch in diesem Jahr werde die Zusammenarbeit der Nationalbibliotheken auf alle 25 Mitgliedstaaten ausgedehnt.
Zwei Millionen Objekte bis 2008 zugänglich
Bis 2008 sollen zwei Millionen Objekte über die digitale Bibliothek verfügbar sein, bis 2010 der Bestand sechs Millionen Objekte aus Bibliotheken, Museen und Archiven umfassen, nannte Forster als Ziel. Ein Problem dabei: Durch das Urheberrecht sind Werke des 20. Jahrhunderts geschützt und können nicht so einfach im Volltext angeboten werden. Es könne aber nicht sein, dass bei so einem wichtigen Projekt "ein großes Loch" klaffe, meinte Forster. Deshalb suche eine Expertengruppe nach Lösungen für diese Frage.
Ob die Inhalte der Digitalen Europäischen Bibliothek den Bürgern kostenlos oder gegen Gebühr zur Verfügung gestellt werden, liege im Ermessen der einzelnen Staaten und Archive, meinte Forster.