Vom Pergament zu Bits und Bytes: Bis 2010 sollen sechs Millionen Objekte aus Bibliotheken, Museen und Archiven digitalisiert und online verfügbar sein.

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Salzburg - Bücher, Handschriften, Filme, Fotos oder Objekte aus Museen über Internet weltweit zugänglich zu machen und dauerhaft zu erhalten: Das ist das Ziel einer digitalen europäischen Bibliothek. Wie diese Vision eines allgemein zugänglichen europäischen Kulturerbes von der Theorie in die Praxis umgesetzt werden kann, besprechen Experten derzeit bei einer zweitägigen Konferenz im Rahmen des österreichischen EU-Ratsvorsitzes in der Salzburger Residenz.

Pergament langlebiger als digitales Medium

Eine große Herausforderung an die Bibliotheken, Archive und Museen sind dabei nicht nur die enormen Kosten für so ein Projekt. Auch die Haltbarkeit der Trägermedien, Technologie- und Softwarentwicklungen sowie Fragen des Urheberrechts müssen gelöst werden, betonte Hans Petschar, der in der Österreichischen Nationalbibliothek für das inhaltliche Konzept der europäischen digitalen Bibliothek verantwortlich ist, bei einem Pressegespräch. "Das beständigste Erhaltungsmedium ist immer noch Pergament, gefolgt von gutem Papier", sagte Petschar: "Kein einziges digitales Medium kann diesen Vorteil der Langlebigkeit für sich verbuchen."

Auch Unterschiede bei der Soft- und Hardware machen die Sache kompliziert. So müssten die digitalen Inhalte entweder auf ein neutrales Format gespeichert werden, um sie zugänglich zu erhalten oder auch die dazugehörige Soft- und Hardware aufgehoben werden. Die Folge: "Eine digitale Bibliothek hat einen Kostenfaktor hoch zehn gegenüber konventionellen Bibliotheken des 19. Jahrhunderts", erläuterte Petschar. Die Österreichische Nationalbibliothek gibt nur für die Digitalisierung rund 120.000 Euro pro Jahr aus. Dazu kämen jährliche Infrastrukturkosten von fünf Millionen Euro aufwärts.

Der Aufbau der Europäischen Digitalen Bibliothek sei Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, erklärte Horst Forster, Leiter des Bereichs "Content" in der Generaldirektion Informationsgesellschaft der Europäischen Kommission. Die EU finanziere in diesem Bereich vor allem Forschungsprojekte und stelle Geld für Kofinanzierungen zur Verfügung. Das Programm zum Aufbau der Bibliothek ist festgelegt: Noch in diesem Jahr werde die Zusammenarbeit der Nationalbibliotheken auf alle 25 Mitgliedstaaten ausgedehnt.

Zwei Millionen Objekte bis 2008 zugänglich

Bis 2008 sollen zwei Millionen Objekte über die digitale Bibliothek verfügbar sein, bis 2010 der Bestand sechs Millionen Objekte aus Bibliotheken, Museen und Archiven umfassen, nannte Forster als Ziel. Ein Problem dabei: Durch das Urheberrecht sind Werke des 20. Jahrhunderts geschützt und können nicht so einfach im Volltext angeboten werden. Es könne aber nicht sein, dass bei so einem wichtigen Projekt "ein großes Loch" klaffe, meinte Forster. Deshalb suche eine Expertengruppe nach Lösungen für diese Frage.

Ob die Inhalte der Digitalen Europäischen Bibliothek den Bürgern kostenlos oder gegen Gebühr zur Verfügung gestellt werden, liege im Ermessen der einzelnen Staaten und Archive, meinte Forster.

Das Bibliotheks-Projekt von Google sehen die Experten übrigens nicht als gefährliche Konkurrenz: Die Initiative von Google habe dem Thema insgesamt Auftrieb gegeben und habe gezeigt, dass für die Digitalisierung historischer Inhalte auch ein wirtschaftliches Interesse bestehe, erklärte Forster. (APA)