Foto: Vene Maier/Silvia Fracaro
In prekären Zeiten wie diesen hat sicher nicht jede/r einfach einen oder zwei Tausender in der Tasche, so als Spielgeld quasi. Aber ein Urlaub sollte dennoch drin sein, trotz Prekarität einerseits und karibischen Verlusten andererseits. So gesehen kann man/frau sicher sein: Einen (oder zwei) Tausender nach Sardinien getragen bringt mehr Ertrag und nachhaltigeren Erfolg, als dieselbe Summe als Manager-Spielgeld auf ein Sparbuch gelegt!

Dies sei hier nur festgestellt, um die Relativität von Geld, Sicherheit und Zukunft festzuhalten. Mit anderen Worten: Wenn Sie zu den mehr oder weniger „glücklichen“ Arbeitslosen gehören, oder wenn Sie ein „working poor“-Mensch sind oder gerade in einem depressiven Loch stecken – fahren Sie trotzdem in Urlaub. Fahren Sie gerade deswegen auf Urlaub! Und – dies ist jetzt ein subjektiver Tipp – fahren Sie doch nach Sardinien.

Nicht deswegen, weil Sardinien ein Billig-Urlaubsland wäre (ist es nämlich nicht) und auch nicht deswegen, weil es anderswo weniger schön ist, sondern deswegen, weil man in Sardinien viel mehr als nur das Meer hat. Obwohl: Das Meer ist rundherum und so gesehen praktisch überall, und überdies ist es an seinen Ufern noch so unverbaut, dass der Blick darauf immer frei und der Zugang für jedermann gesichert ist. Das Wasser klar, durchsichtig, grün, türkis und blau, der Sand fein, weiß und nur von Algen, Seegras oder anderem (biologischen) Meeresabfall belegt.

Wir sind nicht in Italien

Um es mit den Worten eines forschen und pflichtbewussten Carabinieri zu sagen: „Wir sind ja hier nicht in Italien!“ Sondern in Cagliari, in Villasimius, in Costa Rei, in Pula, Chia und in S. Antioco. An der Südküste also, teilweise durchaus für touristische Massen angelegt, aber nie baulich und müllmäßig so verwüstet wie dutzende andere Badestrände rund ums Mittelmeer. Einmal abgesehen von den Ausfallstraßen rund um die Hauptstadt, wo sich am Straßenrand die üblichen Plastikflaschen und anderes Gerümpel von Autofahrern findet, ist Sardinien aufgeräumt und gebürstet wie die Schweiz.

Gleiches gilt für das Verhalten der Autofahrer generell. Vom Chaos, wie es in Rom, Neapel oder Palermo herrscht, ist hier nichts zu sehen. Alles volle Disziplin, was vor allem für die Parkplätze gilt und sich auch in feinem, freundlichem Umgang der motorisierten Massen untereinander manifestiert. Grossen Anteil daran haben die rigorosen Überwachungen, ein richtiges Glück ist es dann, wenn man – trotz illegalen Anhaltens an der Straßenecke – ohne Strafe davonkommt. Aber seither weiß der Autor, dass hier eben „nicht Italien“ ist, und die Carabinieri sehr bestimmt auf die Verkehrsordnung pochen.

Osthang in Schattenlage

Es ist Vorsaison. Die touristrischen Zentren noch leer, die Strände detto, die Preise moderat. Wir hatten via Internet gebucht, Appartement mit Terrasse und Meerblick. Im Voraus zu bezahlen. Aber man weiß ja: Vor Ort schauen die Dinge dann anders aus, als man es sich im heimischen Wohnzimmer so vorstellt. Osthang in Schattenlage, Terrasse war dann aber da, Meerblick auch (wenn man sich ein bißchen verrenkt hat), und die Küche war uns auch wichtig. Schließlich will man ja die schönen Dinge, die die Sarden auf dem Markt anbieten, kaufen und verkochen. Ausstattung allerdings sehr mager, Schranktüren schief, Kleiderstangen bröselig, Dusche winzig, Handtücher extra zu berappen (wie auch die Bettwäsche und die Endreinigung). Aber was solls. Immerhin die Costa Rei vor der Nase und die Sette Frattelli im Hintergrund. Alles sehr schön und prächtig, wunderbar geeignet für die Radtouren, die vor uns liegen.

Abseits der Pisten...

Die Sarden sind – wie die Italiener insgesamt – begeisterte Radler. Mit ihren leichtgängigen und sehr teuer aussehenden Rennrädern zischen sie die Abfahrten in den hügeligen und sehr kurvenreichen Küstenstreifen hinab wie Pfeile auf Rädern und die Anstiege hinauf mit der Leichtigkeit eines trainierten Rad-Körpers. Da kann man sich mit einem Mountainbike schon ziemlich alt vorkommen, aber abwärts auf den wirklich traumhaften Küstenstraßen geht’s auch damit flott, und: Man kann damit die Asphaltpisten jederzeit verlassen. Uns sich so ein paar Gegenden anschauen, die nur über die hier so genannten „Weissen Straßen“ zu erreichen sind. Sandige Kiesstraßen entlang völlig unverbauter Uferstreifen, Meerzugang inklusive. Ausflüge ins küstennahe Hinterland – zB hinauf auf die Gipfel der Sieben Brüder, der Monte Sette Fratelli, einem Naturschutzpark, in dem der stark gefährdete sardische Hirsch noch heimisch ist – sind zwar schön und aufregend, aber mit einer gewissen Risikobereitschaft verbunden. Denn gute Straßenkarten oder gar Mountainbike-Karten sind in Sardinien nicht zu finden.

... quer durch die Maccia

Ob es daran liegt, dass es derzeit auf der Insel keine funktionierende Tourismus-Organisation gibt (das für die gesamte Insel zuständige Büro von ESIT als auch die regionalen ETP-Büros wurden vergangenes Jahr geschlossen), oder einfach an der Vielzahl kleiner Wege und staubiger Straßen, die die Maccia ohne Wegweiser kreuz und quer durchziehen, blieb für uns unerforschbar. Einschlägige Reiseführer empfehlen daher, auf solchen Touren keinesfalls auf einen Kompaß zu verzichten. Schließlich kann man sich in der Weite und Einsamkeit des sardischen Binnenlandes ganz schön verirren – und kommt dann ganz woanders wieder in bewohnte Gegenden, als man eigentlich geplant hatte.

Sehr einfach, zielführund und bequem ist dafür, nach Sardinien hin und von dort wieder herzukommen. Zwei Stunden fliegen die schnittigen Jets von Austrain Arrows, direkt von Wien nach Cagliari bzw. retour. Das hat zwar seinen Preis (so rund € 450,–, Billig-Airlines haben diese Strecke nicht im Programm), aber dafür ist man schneller dort. Und die Zeit, die man sich dabei erspart, kann man in Sardinien wirklich besser verbrauchen als auf langwierigen Auto-, Zug- und Schiffsfahrten.