Leverkusen/Berlin - Nach dem teuer erkauften Sieg von Bayer im Übernahmepoker um Schering wächst bei den Beschäftigten des Berliner Pharmakonzerns die Sorge vor einem noch stärkeren Stellenabbau. Zwar begrüßte der Schering-Betriebsrat, dass sich Bayer gegen das Darmstädter Unternehmen Merck durchsetzen konnte. Für Unruhe sorgt bei den Beschäftigten allerdings die spürbare Anhebung des Kaufpreises um rund 400 Mio. Euro.

Dass Bayer die für eine Übernahme nötigen 75 Prozent an Schering erhalten wird, gilt als sicher, seit der Konkurrent Merck sich zum Verkauf seines Schering-Pakets von rund 22 Prozent an Bayer entschlossen hat. Damit endet einer der spektakulärsten Übernahmekämpfe in der deutschen Industriegeschichte. Merck lässt sich sein Einlenken teuer bezahlen: Aus dem Verkauf ihres Schering-Pakets erzielt die Merck nach eigenen Angaben einen satten Gewinn von eben diesen 400 Millionen Euro.

Nachbesserung

Der mehrheitlich in Familienbesitz befindliche Merck-Konzern, der im vergangenen Jahr mit seinem regulären Geschäft netto rund 670 Millionen Euro verdient hatte, hielt zuletzt 21,8 Prozent an Schering. Bayer muss nun allen Anteilseignern 89 Euro je Aktie zahlen, drei Euro mehr als zuvor geboten. Ursprünglich hatte Bayer lediglich 86 Euro je Aktie vorgesehen, was einem Gesamtpreis für Schering von 16,5 Milliarden Euro entsprach, nun werden es in Summe mehrere hundert Millionen Euro mehr. Dementsprechend sorgt sich Schering-Betriebsratschef Norbert Deutschmann, dass der Übernahmekampf böse Folgen für die Beschäftigten des Berliner Pharmaunternehmens haben könnte. "Wir befürchten, dass den hohen Preis die Arbeitnehmer zahlen, weil mehr eingespart werden muss in den Augen von Bayer und damit mehr Arbeitsplätze verloren gehen könnten", sagte Deutschmann.

Zugekauft

Selbst nach der Einigung mit Merck hat Bayer am Donnerstagnachmittag weitere Schering-Aktien an der Börse gekauft. Zusätzliche 4,6 Mio. Schering-Aktien, das sind 2,38 Prozent des Schering-Grundkapitals wurden am Markt erworben, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Bayer habe die Aktien zu Preisen von 86,70 bis 89 Euro gekauft. Damit besitze der Konzern inzwischen 40,21 Prozent des Schering-Kapitals.

Bayer plant früheren Angaben zufolge nach der Übernahme den Abbau von rund 6000 Stellen weltweit. Dies entspricht einem Zehntel des Personals in den Pharmasparten beider Unternehmen. Nach tagelangem Nervenkrieg hat der Bayer-Konzern am Mittwoch die größte Fusion in der deutschen Pharmaindustrie für sich entschieden. Bayer sichert sich durch die Übernahme einen Platz unter den zehn größten Pharmakonzernen der Welt. Das offizielle Ergebnis des Übernahmeofferts will Bayer am kommenden Mittwoch oder Donnerstag mitteilen.

Bayer und Merck vereinbarten außerdem, "weitere Kooperationsmöglichkeiten" zu prüfen. Dabei könne es sich etwa um Lizenzen oder Entwicklungskooperationen handeln. (red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.6.2006)