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Zur Person

Mladen Ivanic (48) ist seit 2003 Außenminister der Föderation Bosnien und Herzegowina. Davor war der aus Banja Luka gebürtige Serbe zwei Jahre lang Präsident der Republika Srpska.

Foto: AP /Geert Vanden Wijngaer
STANDARD: Österreich hat den Balkan zum Schwerpunkt der EU-Präsidentschaft gemacht. Ist Ihnen das aufgefallen?

Ivanic:Die österreichische Präsidentschaft ist in eine relativ schwierige Zeit gefallen. Es gibt diese negative Haltung gegenüber einer neuen Erweiterung. Unter diesen Rahmenbedingungen hat Österreich das Beste daraus gemacht, und ich bin auch sehr dankbar für diesen Schwerpunkt. Es gibt zwar keine außerordentlichen Erfolge, aber das Wichtigste ist, dass in Salzburg eine sehr klare Vereinbarung getroffen wurde: Die Vollmitgliedschaft ist die Perspektive für die Länder in dieser Region. Dass diese Chance immer noch lebt, zum jetzigen Zeitpunkt, ist für uns der wichtigste Fortschritt.

STANDARD: Wie laufen die Verhandlungen beim Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen aus Ihrer Sicht? Ivanic: Es gab zwei Vorbehalte beim Start dieser Verhandlungen. Der erste betraf die Erwartungen aus Brüssel, dass unsere Experten nicht die nötige Erfahrung und Qualität für solche Verhandlungen haben könnten. Der zweite betraf unsere Erwartungen an Brüssel: Wir fürchteten einen sehr bürokratischen Zugang zum Thema Bosnien-Herzegowina. Aber nach drei Verhandlungsrunden haben wir jetzt eine ganz andere Bewegung in beiden Verhandlungsteams. Es ist möglich, die Verhandlungen mit Jahresende abzuschließen. Aber es gibt immer noch politische Bedenken. Das betrifft zum einen die Kooperation mit Den Haag - das kann ein großes Hindernis sein -, zum anderen die Reform der Polizei, die eine Bedingung für die Verhandlungen war. STANDARD: Wann werden Mladic und Karadzic nun an das Haager Tribunal ausgeliefert? Ivanic: Das ist eine sehr schwierige Frage. Das Wann kann ich so nicht beantworten. Ich kann nur sagen, wir haben sehr starke internationale Verpflichtungen, und wenn jemand nach Ausreden sucht, wird es nicht funktionieren. Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir auch auf diesem Gebiet Erfolge erzielt haben. Wir haben im Vorjahr 16 Personen an Den Haag ausgeliefert, jetzt fehlen noch fünf oder sechs. Ich weiß schon, dass es sich da auch um kleinere "Fische" handelt. Ich weiß aber auch: Wenn Mladic und Karadzic nicht nach Den Haag gebracht werden, wird das alle Annäherungen zwischen Bosnien und der EU verhindern. STANDARD: Welchen Einfluss auf die Region hat das Referendum in Montenegro? Wird da gerade ein Präzedenzfall geschaffen? Ivanic: Nein. Das kann man nicht vergleichen. Montenegro ist eine frühere Republik des früheren Jugoslawien, das hat keinerlei Einfluss auf uns. Die Kosovo-Status-Verhandlungen betrachte ich mit größerer Sorge. Die internationale Gemeinschaft hat zu leicht die Position der Albaner akzeptiert, die da lautet: "Wir wollen unabhängig sein". (DER STANDARD, Printausgabe, 16. 6.2006)