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Soldaten sichern den Tatort in Kabithigollewa

Foto: Reuters/Anuruddha Lokuhapuarachchi
Colombo - Beim schwersten Anschlag in Sri Lanka seit einer 2002 vereinbarten Feuerpause zwischen Tamilen-Rebellen und der Regierung sind mindestens 64 Menschen ums Leben gekommen. Nach offiziellen Angaben detonierten am Donnerstag zwei mit Metallkugeln gefüllte Sprengsätze in der Nähe eines Reisebusses im Nordosten des Inselstaates. Die Regierung machte die Rebellen der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) verantwortlich, die aber eine Beteiligung abstritten. Die Luftwaffe Sri Lankas flog Vergeltungsschläge gegen Rebellen-Stellungen.

Das Land steht nach der jüngsten Gewalteskalation wieder am Rande eines Bürgerkriegs. Allein seit Dezember wurden über 700 Menschen getötet. Die in Norwegen stattfindenden Friedensgespräche zwischen beiden Seiten befinden sich in einer Sackgasse.

"Barbarischter Terrorakt"

Der Anschlag habe sich auf einer abgelegenen Straße in der Nähe des von Tamilen-Rebellen kontrollierten Gebietes ereignet, teilte die Regierung mit. Bei den Businsassen habe es sich um Singhalesen gehandelt, die die Mehrheit der Bevölkerung auf der Insel stellen. "Dies ist der barbarischste Terrorakt der Tiger", sagte Regierungssprecher Keheliya Rambukwella. Die Insassen des Busses seien zumeist Dorfbewohner gewesen, die auf dem Weg zum Einkaufen waren. Unter den Toten seien auch zwei buddhistische Mönche, unter den Verletzten zahlreiche Kinder.

Nach Darstellung der Regierung wollen die LTTE-Rebellen mit ihren Anschlägen Vergeltungsaktionen gegen die Tamilen provozieren. Die Rebellen kämpfen für einen unabhängigen Tamilenstaat im Norden Sri Lankas, den sie bereits weitgehend kontrollieren.

"Auf keinen Fall gerechtfertigt"

Die LTTE erklärte, sie verurteile den Anschlag. "Wir haben nichts mit dieser Tötung unschuldiger Zivilisten zu tun", sagte ein Rebellen-Sprecher. Es könne "auf keinen Fall gerechtfertigt sein, direkt Zivilisten zur Zielscheibe zu machen". Die Regierung habe die Pflicht, in ihrem Gebiet für Recht und Ordnung zu sorgen. Ähnlichen Dementis haben Experten in der Vergangenheit nur wenig Glauben geschenkt.

Rebellen zufolge flog die Luftwaffe anschließend Einsätze gegen Ziele im Nordosten des von den Aufständischen gehaltenen Gebiets. Dort haben die so genannten See-Tiger, eine Marineeinheit der Rebellen, ihre Basis. In Militärkreisen hieß es, Bomber vom israelischen Typ Kfir seien im Einsatz.

Ende Mai wurde die LTTE von der Europäischen Union auf ihre Liste von Terrororganisationen gesetzt. Die Befreiungstiger von Tamil Eelam kämpfen seit 1972 für die Unabhängigkeit, seit dem Waffenstillstandsabkommen für mehr Autonomie der mehrheitlich von Tamilen bewohnten Gebiete im Norden und Osten des Inselstaats.

Der Friedensprozess in Sri Lanka steckt derzeit in einer Sackgasse. Der 2002 unter Norwegens Vermittlung geschlossene Waffenstillstand steht nur noch auf dem Papier. Diplomaten zufolge zeigen beide Seiten bei den Gesprächen zu geringe Flexibilität. Sie befürchten einen Rückfall des Landes in den Bürgerkrieg, in dem in den achtziger und neunziger Jahren mehr als 64.000 Menschen gestorben sind. (APA/Reuters)