Klagenfurt - Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (B) hat den Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgefordert, in seiner Verhandlung zu den zweisprachigen Ortstafeln in der Gemeinde St. Kanzian den Prozentsatz slowenischsprachiger Bevölkerung zu berücksichtigen. Laut Volkszählung aus dem Jahr 2001 betrage der Anteil an slowenisch sprechender Bevölkerung dort nämlich nur noch 8,7 Prozent. Gleichzeitig bezweifelt er das Recht der Volksanwaltschaft, in der Ortstafel-Frage den VfGH anzurufen.

St. Kanzian am Klopeiner See (Bezirk Völkermarkt) war jene Ortschaft, die sich der Slowenen-Funktionär Rudi Vouk ausgesucht hatte, um mittels Schnellfahrens durch das Ortsgebiet die Aufhebung von Teilen des Volksgruppengesetzes durch den VfGH zu erwirken. Vouk hatte damals geltend gemacht, nicht gewusst zu haben, dass es sich um ein Ortsgebiet handelt, da die Aufschrift auf der Ortstafel nur in Deutsch und nicht auch in Slowenisch gehalten sei.

Haider wies am Mittwoch darauf hin, dass Verfassungsgerichtshoferkenntnis aus dem Jahre 2001 noch vor Bekanntwerden der Ergebnisse der letzten Volkszählung erlassen worden sei. Da nach der Volkszählung in der Gemeinde St. Kanzian der Anteil von Einwohnern mit slowenischer Umgangssprache aber nur mehr bei 8,7 Prozent liege, müsse der VfGH "bei Anwendung seiner eigenen Regeln das Erkenntnis aus 2001 korrigieren und die Gemeinde St. Kanzian aus der zweisprachigen Topographie herausnehmen."

Generell bezweifelt Haider, ob die Volksanwaltschaft in der Ortstafel-Frage das Recht hat, eine Verordnungsüberprüfung beim VfGH zu beantragen: "Nach der herrschenden Rechtsprechung des VfGH gibt es kein subjektives öffentliches Recht des einzelnen Bürgers auf zweisprachige Ortstafeln. Wenn dieses Recht aber dem einzelnen Bürgern nicht zusteht, kann auch der Volksanwaltschaft als Vertretung der Bürger dieses Recht nicht zustehen." Daher wäre der Antrag der Volksanwälte zur Durchsetzung zweisprachiger Ortstafeln in St. Kanzian und Bleiburg "wegen mangelnder Legitimation zurückzuweisen".

Öffentliche Verhandlung vor Verfassungsgerichtshof

Der Verfassungsgerichtshof hat sich am Mittwoch erstmals mit der Frage beschäftigt, ob die vom BZÖ betriebenen "Ortstafelverrückungen" rechtlich zulässig sind. Möglich wurde das, weil die Volksanwaltschaft eine Beschwerde gegen diese Vorgehensweise eingebracht hatte. Volksanwalt Peter Kostelka sprach in der öffentlichen Verhandlung von einer "versuchten Pervertierung des Rechtsstaates". Der Leiter der Kärntner Verfassungabteilung, Gerold Glantschnig, verteidigte die Vorgehensweise.

Hintergrund der Causa: Seit Dezember 2001 hat der Verfassungsgerichtshof die ausschließlich deutschsprachigen Ortstafeln in drei Kärntner Ortschaften mit slowenischer Bevölkerungsminderheit aufgehoben (St. Kanzian, Bleiburg und Bleiburg-Ebersdorf). Die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln hat Landeshauptmann Jörg Haider (B) dort allerdigns verhindert. Stattdessen wurden die Schilder um wenige Meter verrückt neu errichtet - wieder ausschließlich deutschsprachig.

Neben der Frage nach der Zulässigkeit der Ortstafelverrückungen müssen die Verfassungsrichter auch klären, nach welchen Kriterien eine Ortschaft als "gemischtsprachig" definiert wird. Ursprünglich hatten sie nämlich einen über eine längeren Zeitraum vorhandenen Minderheitenanteil von zehn Prozent als Voraussetzung für die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln genannt. In St. Kanzian sind es laut Volkszählung 2001 mittlerweile aber nur noch 8,7 Prozent.

Entschieden wurde am Mittwoch noch nichts. Wann die Entscheidung der Verfassungsrichter fallen wird, ist noch unklar. Von der Klärung der Rechtsfragen abhängen wird jedenfalls die weitere Vorgehensweise in der Ortstafelfrage: Der VfGH überlegt nämlich einen Antrag auf Exekution der Ortstafelerkenntnisse durch den Bundespräsidenten. Vor einem derartigen Antrag müsste jedoch geklärt werden, ob das "Ortstafelrücken" zulässig war. Außerdem sind noch Ortstafel-Beschwerden zu 13 Kärntner Ortschaften anhängig. (APA)