In Graz hat es die feine Küche schon seit längerem schwer.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das gilt auch für das alte, neue Mod im Hotel zum Dom.

Foto: Gerhard Wasserbauer
Foto: Gerhard Wasserbauer

In Graz scheinen Gastronomen es noch ein wenig schwerer zu haben als anderswo. Zwar war 2003, als Graz Kulturhauptstadt sein durfte, deutliche Aufbruchstimmung zu verspüren: Da sperrten die Lokale mit ambitionierten Ideen (und oft richtig gutem Design) beinahe im Monatstakt auf. Heute sperren viele zu. Jüngstes Opfer ist etwa das "Maroni" am Mehlplatz, das samt Trattoria und aufwändig gestalteter Lounge in den Konkurs schlitterte.

Abseits von Schnitzel und Kernöl ist es in Graz nicht einfach, mehr als ordentliches Essen zu bekommen. So gibt es zurzeit kein Lokal, das über eine Haube im Guide Gault-Millau hinauskäme. Im Vergleich - österreichweit wurden zuletzt über 400 derartige Belobigungen vergeben - erscheint das dürftig, besonders, da dem Steirer sonst durchaus das Image des Phäaken anhaftet. Gerade in der Landeshauptstadt aber wird das Geld offenbar lieber in Dauerhaftes (gute Architektur etwa) investiert, als hollodaro in unverschämt köstliche und flüchtige Gaumenfreuden.

Essen im Renaissancehof

Besonders schade war es da um das Mod im Hotel zum Dom, in dem Küchenchef Franz Labmayer scheinbar mühelos die beste Küche weit und breit bot, wenn auch in leicht angestaubtem Ambiente. Damit war schon vergangenes Jahr Schluss, jetzt aber wurde das alteingesessene Haus mit glasüberdachtem Renaissancehof von der traditionsreichen Grazer Gastronomenfamilie Pichlmaier (Gasthof Schanzlwirt) übernommen.

Ein Bruder von Betreiber Karl Pichlmaier ist in Wien im Fabios beschäftigt, ein anderer werkt in der Küche des Sacher - da sollte Trittfestigkeit in Sachen Qualität kaum ein Thema sein. Allein, das Konzept, mit vergleichsweise einfachen Zutaten große Küche zu zaubern, geht nicht immer auf, und auch das Ambiente verharrt in pflegeleichtem Biedersinn. Der gebeizte Lachs zur Vorspeise etwa ist eine viel zu dicke Schnitte vom Zuchtfisch, nur ganz am Rand kann die (durchaus pfiffige) Marinade sich einigermaßen gegen die feuchte Fettn des grellorangen Fleisches durchsetzen. Das Kalbszüngerl, eigentlich eine dünn aufgeschnittene Sulz, schmeckt dafür samt Vinaigrette von Spargel und hartem Ei restlos köstlich. Die stark reduzierte Sauce zu den an sich gut geschmorten Kalbsbackerln mit Wurzelgemüse ist aber völlig verbrannt. Vielleicht würde eine etwas weniger umfangreiche Speisekarte mehr Konzentration aufs Wesentliche ermöglichen.
(Severin Corti/Der Standard/rondo/16/06/2006)