Der iranische Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad darf in Schanghai am Gipfel der sechs Staatschefs der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) teilnehmen. Dabei ist der Iran bisher nur Beobachter der vor fünf Jahren von China, Russland, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan gegründeten Regionalkooperation. Zu ihrem heute, Mittwoch, beginnenden zweitägigen Jubiläumsgipfel lud China auch die Präsidenten der Beobachterländer Iran, Mongolei, Pakistan und Indien ein. Vizeaußenminister Li Hui bestätigte in Peking: "Ahmadi-Nejad kommt und ist bei allen Konferenzen der SCO dabei." Richtig froh wirkt Peking nicht über seine Entscheidung, den Iran einzuladen. Das Außenministerium muss befürchten, dass die SCO, über die China künftig stärkeren Einfluss auf seine strategischen Hinterhöfe in Zentral- und Westasien ausüben will, zum Schauplatz des iranischen Selbstdarstellers wird.

"Persönliche Ansicht"

Was Präsident Ahmadi-Nejad, von dem eine Antwort auf das jüngste Verhandlungspaket zum Atomkonflikt erwartet wird, "bei uns in Schanghai zum Iran-Problem sagt, ist seine persönliche Ansicht", versuchte Li Hui die politische Brisanz des Besuchs herunterzuspielen. "Wir haben innerhalb der Schanghaier Kooperation noch keine spezielle Diskussion zum Iran geführt. Es gibt daher auch keine gemeinsame Position der SCO zum Konflikt."

Peking wird indes kaum verhindern können, dass das Thema Iran alles andere überschattet. Staatspräsident Hu Jintao hat zugesagt, den persischen Präsidenten zu empfangen. Die USA und Europa erwarten von Hu, sich für eine westliche Lösung stark zu machen. Doch Chinas Haltung zum Iran, seinem nach Saudi-Arabien zweitgrößten Öl- und Gaslieferanten, wird immer stärker von Wirtschaftsinteressen geprägt. Das neue "Diplomatische Jahrbuch China 2006" nennt Teheran "einen der wichtigsten Handelspartner und Auftragnehmer von chinesischen Großprojekten in Westasien". 2005 stieg der beiderseitige Handel um 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf mehr als zehn Milliarden US-Dollar, wobei der Iran zwei Drittel davon importierte. (DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.6.2005)