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ORF-Generalin Lindner (schwarz-orange) und Hoffnungsträgerin Gheneff (BZÖ, ganz orange).

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer
Wien - Die ORF-Koalition von SP, Grünen und Regierungspartei BZÖ beließ es nicht beim Antrag auf Sondersitzung des Stiftungsrates am Dienstag. In einem gemeinsamen Antrag forderten Huberta Gheneff (BZÖ), Karl Krammer (SPÖ) und Pius Strobl (Grüne) wie zuvor der TV-Betriebsrat: Eine Kommission - mit TV-Betriebs- und Redakteursräten - soll die Vorwürfe gegen den bürgerlichen TV-Chefredakteur Werner Mück prüfen. ORF-Generalin Monika Lindner hatte einen Bericht zu den Vorwürfen angeboten, der VP-Freundeskreis lehnte den Antrag erst ab. Damit die Volkspartei aber nicht überstimmt würde - und damit die Generalin - lenkte sie ein. Nur die zwei schwarzen Betriebsräte stimmten dagegen, zwei weitere VP-Vertreter enthielten sich. Kompromissformel: eine Gruppe, keine Kommission untersucht bis Ende Juli:
  • Mücks angebliche "frauenfeindliche und herabwürdigende Äußerungen gegenüber Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen",
  • "die 'Bedrohung' von Mitarbeitern mit 'Karriereauswirkungen'"
  • "behauptete Manipulation der Berichterstattung" und
  • "schwere Verstöße gegen das Redakteursstatut".
  • Vorwürfe schaden ORF "in hohem Maße"

    Die Vorwürfe schaden laut Beschluss dem Ansehen des ORF "in hohem Maße". Stimmen sie nicht, müsse der ORF das öffentlich "unmissverständlich feststellen". Treffen sie zu, "so ist mit dienstrechtlichen Konsequenzen vorzugehen" und für die Zukunft vorzubeugen.

    15 Stiftungsräte werden direkt dem bürgerlichen Lager zugerechnet. 18 braucht sie, den nächsten General zu wählen. Also etwa zur VP die fünf Stiftungsräte des BZÖ. Doch das BZÖ von Spitzenkandidat Peter Westenthaler versucht die ÖVP und Lindner bis zur Wahl unter Druck zu setzen. Im ORF kolportierte Forderungen: alle Pressekonferenzen Westenthalers in der "ZiB 1", Mitsprache bei der Besetzung des Radiodirektors.

    "Wurzel des Übels"

    BZÖ-Stiftungsrätin Gheneff legte am Rande des Stiftungsrates gegen Lindner nach: "Erstaunlich", dass im Aufsichtsrat die Geschäftsführerin als erste mit einem vorgefertigten Statement das Wort ergreife. Sie rät Lindner (in Anspielung auf die Bawag), den Aufsichtsrat "ernst zu nehmen und aus der Geschichte zu lernen". "Wurzel allen Übels" könnte Lindners "Selbstverständnis" sein, wenn sie interne Kritik als "Naturgesetz" darstelle. Den Aufstand der ORF-Redakteure könne man nicht als rein politisch motiviert abtun, er sei "ernst zu nehmen".

    Auch Bürgerliche zweifeln: "Lindner erzeugt nicht das Vertrauen, dass sie diesen Laden führen kann": Das hielt den Tiroler Stiftungsrat Andreas Braun 2001 ab, sie zu wählen. Er klingt nicht nach Sinneswandel. Wird er sie wieder nicht wählen? Gibt es bessere Mitbewerber, dann nicht, sagt er dem STANDARD. (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.6.2006)