Bild nicht mehr verfügbar.

Interessenten für die Bank kommen vor allem aus dem Ausland.

Foto: APA/Jäger
Es gibt bereits verschiedene ernsthafte Szenarien, unter welchen Bedingungen die Steuerzahler für Bawag und ÖGB zur Kasse gebeten werden. Bevor es so weit kommt, müsste die Gewerkschaft aber ihr gesamtes "nicht betriebsnotwendiges Vermögen" verkaufen.

***

Wien – Nachdem ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer am Montagabend gemeint hatte, dass es rund um die Bawag- und ÖGB-Krise sein könnte, "dass Teile der Bundeshaftung schlagend werden müssen", wurde Finanzminister Karl-Heinz Grasser am Morgen danach aktiv. In einem kurzfristig einberufenen Pressegespräch erläuterten er und Staatssekretär Alfred Finz die Details der Bundeshaftung. Die Verträge wurden in der Vorwoche unterschrieben – eine Vollendung, auf die das Bawag-Rettungspaket der Banken und Versicherer (450 Mio. Eigenkapitalspritze für die Bank) noch wartet. "In den nächsten Tagen" soll es laut Grasser so weit sein.

Auf "Spekulation darauf, für wie groß er das Risiko halte, dass die Staatshaftung schlagend werden könnte, wollte sich Grasser nicht einlassen, "die Geschichte ist katastrophal genug". Er erwartet aber vom ÖGB, dass dieser "alles tun wird und tun muss, damit die Haftung des Steuerzahlers nicht schlagend wird."

Bevor die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden, müsste der ÖGB also sein gesamtes "nicht betriebsnotwendiges Vermögen" verkaufen – dabei geht es etwa um Immobilien, auch die der Teilgewerkschaften. Einzige Grenze, die man dem ÖGB auch aus politischen Gründen zugesichert hat: Der ÖGB ist "insolvenzgeschützt", das heißt er muss dann nicht bluten, wenn er wegen dieser Zahlung in die Pleite rasseln würde.

Die oft als Synonym für ÖGB-Immobilien verwendeten Gasometer in Wien (Wohnungen und Einkaufszentrum, die zur GPA ressortieren) blieben aber verschont. ÖGB-Chef Rudolf Hundstofer verweist darauf, dass sie "einer Privatstiftung gehören."

Im Einzelnen setzt die Inanspruchnahme der Bundeshaftung die folgenden sehr ernsthaften Szenarien voraus:

  • dass der Verkauf der Bawag nicht erfolgt ist (das Bawag-Sicherungsgesetz schreibt ja den 100-prozentigen Verkauf der Bank durch den ÖGB vor);

  • dass der Eigentümer ÖGB keine Zahlungen geleistet hat;

  • dass ohne Zahlung durch den Bund die Bank ihre Eigenmittelgrenzen unterschritte;

  • dass die Finanzmarktaufsicht das Institut unter Geschäftsaufsicht gestellt hätte oder

  • dass die Insolvenz der Bawag droht.

    In all diesen Fällen müsste der Bund also für Karibik, Refco und Co geradestehen, gezahlt würde nach einem Tilgungsplan, maximal neun Jahre lang. "Unverzüglich" zahlen müsste der Bund nur im letzten Fall dieser Ernstfälle – wenn also der Bawag ohne das Einspringen des Staates die Pleite drohen würde.

    Die Haftung läuft bis Juli 2007 und kostet die Bank 0,2 Prozent im Jahr. Sollte die Bawag die Haftung verlängern wollen (was ginge), müsste sie mehr bezahlen.

    Sollte der Steuerzahler tatsächlich zum Handkuss kommen, so könnte er sich 14 Jahre lang am ÖGB schadlos halten: So lange stünde der ÖGB als Bürge und Zahler der Republik unter der Lupe, so lange müsste er "freies Vermögen" zum Abstottern seiner Schuld herausrücken. Allerdings gilt auch hier wieder die Tabugrenze "bis zur Insolvenz". Nach diesen 14 Jahren "wären wir schuldenfrei", sagte ÖGB-Chef Hundstorfer dazu vor Kurzem.

    Ethische Käufer

    Gewisse Benimmregeln für den Verkauf hat der Finanzminister dem ÖGB am Dienstag auch gleich mit auf den Weg gegeben. Drei Hedgefonds, die sich sehr für die Bank interessieren (aber wohl weniger für ihren Fortbestand, wie angenommen werden darf) dürften keine Chance bekommen. "Kämen da jetzt Finanzspekulanten, würde das dem ganzen Skandal ja die Krone aufsetzen", mahnte der Minister (siehe Artikel Grasser: Bawag nicht an Finanzspekulanten verkaufen).

    Interessenten für die Bank kommen vor allem aus dem Ausland; erstmals interessieren sich auch Spanier sowie eine ungarische Großbank für einen Einstieg in Wien neben Generali und Commerzbank (siehe Bericht Generali dementiert Interesse nicht mehr). Dass ein ausländischer Eigentümer weniger Personalabbau als ein heimischer ins Auge fassen würde, ist nicht gesagt. Intern wird angeblich damit gerechnet, dass es um bis zu 2000 Mitarbeiter zu viel gibt. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.6.2006)