Zermürbt und wohl auch genervt vom unendlichen Ortstafelstreit, der von Jörg Haider mit Blick auf die Wahlen im Herbst am Köcheln gehalten wird, sind ÖVP und SPÖ jetzt am Überlegen, ob sie Haider einen Schritt entgegen kommen sollen. Um den Konflikt endlich beizulegen, würden die Großparteien vielleicht sogar einem Verfassungsgesetz zustimmen, in dem der Ortstafelkonflikt beigelegt wird.

Wenn darin der Karner-Entwurf aus 2005 umgesetzt würde, bedeutet das, dass zweisprachige Ortstafeln in allen Gemeinden mit einem mindestens zehnprozentigen Anteil an slowenisch sprechender Bevölkerung und in allen Ortschaften mit einem Anteil von 15 Prozent aufgestellt werden müssten. Zugleich soll die Forderung der Slowenenvertreter nach einer Öffnungsklausel erfüllt werden, die weitere Tafeln beim selben Prozentsatz ermöglichen würde. Ob Haider sich allerdings mit den zehn oder 15 Prozent zufrieden gibt, ist unsicher: Nur Stunden nach der kolportierten Einigung stellte er wieder einmal die Forderung nach einem höheren Prozentsatz und nach einer Volksbefragung.

Die Gegenleistung zum "Entgegenkommen" Haiders wirkt auf den ersten Blick recht gering: SPÖ und ÖVP sollen nur der Forderung Haiders zustimmen, die Ortstafelfrage in einem Verfassungsgesetz ein für alle Mal zu klären. Vor lauter Freude über die lang ersehnte Lösung des leidigen Konfliktes fragt niemand nach, was das eigentlich bedeutet. Warum sollte Haider plötzlich klein beigeben, wo es doch sonst nicht seine Art ist?

Die Beweggründe dahinter sind durchsichtig: Haider rechnet nicht damit, dass das Verfassungsgesetz bestehen bleibt. Die wahrscheinliche Entwicklung sieht so aus: Ein Verfassungsgesetz, das gegen den Staatsvertrag und Sprüche des VfGH verstößt, wird höchstwahrscheinlich vor dem obersten Gericht nicht halten. Der Gerichtshof kann nämlich durchaus auch Verfassungsgesetze prüfen und sie dann aufheben - auch wenn dieser Fall bisher erst einmal, und zwar 2000 in Bezug auf das Vergaberecht, tatsächlich eingetreten ist. Als Hüter der Verfassung ist dieser Schritt jederzeit möglich, wenn "Baugesetze" der Verfassung missachtet werden.

Dass Haider nicht von einem Tag auf den anderen zum kompromissbereiten Konsenspolitiker wird, sollte also allen klar sein. Dass er bei einem von ihm angebotenen Kompromiss entsprechende Hintergedanken hegt, ebenso.