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Barcelona: Werbung für ein "Ja" beim Referendum für eine Ausweitung der Autonomierechte Kataloniens

foto: apa/epa/efe/Albert Olive
Barcelona/Wien - Umfragen zufolge sollte nichts schief gehen: Eine Mehrheit der 5,3 Millionen wahlberechtigten Katalanen wird am Sonntag in einem Referendum für eine Ausweitung der Autonomierechte der Region im Nordosten Spaniens stimmen. Auf den ersten Blick nimmt sich die Entscheidung nicht wirklich spektakulär aus: Das neue "Statut" tastet die Zugehörigkeit zum spanischen Staat nicht an. Doch hat die konservative Opposition in Madrid das Thema zu einer Glaubensfrage gemacht. Die Volkspartei (Partido Popular/PP) wird nicht müde, den drohenden Zerfall Spaniens (Schlagwort "Balkanisierung") an die Wand zu malen.

Wie Bundesland in Deutschland

Der Gesetzestext, der gegen den Widerstand der Volkspartei bereits von beiden Kammern des spanischen Parlaments verabschiedet wurde, entspricht ungefähr der Verfassung eines Bundeslandes in Deutschland. Er gewährt der wirtschaftlich stärksten Region Spaniens mehr politische und finanzielle Eigenständigkeit (vor allem in Steuerfragen) gegenüber der Zentralregierung in Madrid. Größter Zankapfel war freilich ein Passus, in dem festgehalten wird, dass Katalonien sich selbst künftig als eigene "Nation" verstehen darf. Selbst wenn damit nicht explizit festgelegt ist, dass es sich definitiv um eine eigene Nation handelt. Mit dem neuen "Statut" werden nun aber auch die katalanische Fahne und die Landeshymne als "nationale Symbole" anerkannt.

"Fördert den Nationalismus"

"Das Gesetz teilt unser Land und fördert den Nationalismus", warnte der Vorsitzende der Volkspartei (PP), Mariano Rajoy, auch in Hinblick auf Sezessionsbestrebungen im Baskenland. Die PP hatte sogar vier Millionen Unterschriften gesammelt, um eine spanienweite Volksabstimmung durchzusetzen. Diese Vorlage scheiterte aber im Parlament von Madrid, weil die regierenden Sozialisten (PSOE) mit den Kleinparteien der nationalen Minderheiten dagegen stimmten.

Zapatero: Fördert Vielfalt

Premier José Luis Rodríguez Zapatero (Sozialisten/PSOE) spricht hingegen der Vielfalt das Wort und meint, dass sich die einzelnen Regionen stärker mit Spanien identifizieren können, wenn ihnen mehr Eigenleben zugestanden wird. Womit die Großzügigkeit von Zapatero auch schon ihre Grenzen erreicht hat. Eine Souveränität des Baskenlandes oder Kataloniens ist auch für ihn indiskutabel, selbst die Idee eines Freistaates in Euskadi (spanisches Baskenland) wurde von seiner Regierung nicht akzeptiert.

Spaltpilz

Allerdings scheint der Spaltpilz in Spanien doch zunehmend um sich zu greifen. Jüngst reichte selbst Andalusien einen neuen Text für sein Autonomiestatut ein, in dem die Anerkennung als "nationale Realität" gefordert wird. Symptomatisch für die regionalen Befindlichkeiten Spaniens sind die Fußball-Spiele, die alljährlich rund um Weihnachten stattfinden. Da sind neben den Auswahlen Kataloniens und des Baskenlandes oft auch jene von Galicien, Andalusien, den Balearen oder der Kanarischen Inseln gegen diverse Nationalmannschaften am Ball.

Ursprünglicher Entwurf gemäßigt

Im Falle Kataloniens wurde der ursprüngliche Status-Entwurf des Regionalparlament von Barcelona von der Zapatero-Regierung in Madrid erheblich gemäßigt. Das führte wiederum in Katalonien zum Zerfall der dortigen Koalition. In Barcelona war nämlich der kleinere Regierungspartner der katalanischen Sozialisten (PSC), die Republikanische Linke von Katalonien (ERC), mit dem Entwurf des Autonomiestatuts unzufrieden. Er ging der ERC nicht weit genug. Sie riefen die Katalanen daher auf, dagegen zu stimmen. Die Linksrepublikaner treten auf lange Sicht für die Schaffung eines unabhängigen katalanischen Staates ein.

Minister entlassen

Der sozialistische Ministerpräsident Kataloniens, Pasqual Maragall, entließ letztlich alle sechs Minister seines Koalitionspartners ERC. Vor Jahresende sollen in Katalonien vorgezogene Wahlen stattfinden. Da Maragalls Sozialisten (PSE) in Eintracht mit den oppositionellen bürgerlichen katalanischen Nationalisten (CiU) bei der Volksabstimmung für ein Ja werben, ist danach mit einer Koalition zwischen PSE und CiU zu rechnen. Zumindest beim Referendum am Sonntag sollten beide Parteien erfolgreich bleiben. mehr als 53 Prozent kündigten bereits an, ganz sicher für die Annahme des neuen Statuts stimmen zu wollen. (APA)