Iran gegen Mexiko in einem persischen Lokal, das wäre angesagt gewesen. Aber aufgemerkt, Frau Innenministerin Prokop, persische Wirte gehören nicht zu den von ihnen behaupteten Integrationsverweigerern. Im Gegenteil, sie haben sich den hiesigen Gebräuchen perfekt angepasst. Am Sonntag bleibt das Lokal geschlossen. Da mag der Iran spielen und die ganze Welt über die politischen Implikationen des Matches spekulieren, Sonntag ist bummfest zu.

Wo der Fußball auftritt, ist die Politik nicht weit. So frühstückt Frau Merkel neuerdings mit dem deutschen Team und erntet, solange Herr Klose öfter mal ins Tor trifft, pro Kipferl einen Bonuspunkt in der Politiker-Beliebtheitsskala.

Auch Herr Schüssel drängt im unvorteilhaften Fußball-Dress nach vorn und reiht sich in Ermangelung einer österreichischen WM-Mannschaft in das Redaktionsteam von Newsein. Und Lula aus Brasilien gibt der Seleção Ernährungsratschläge per Videoschaltung. Aber die wichtigs- te politische Frage bleibt: Kommt Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad? Nur bei Erreichen des Achtelfinales, hat er mitgeteilt, würde er nach Deutschland reisen, was die Organisatoren zu Fans der Iran-Gruppengegner gemacht haben dürfte.

Schon nach dem ersten Match besteht die Gefahr kaum noch. Ein Mann namens Omar Bravo aus Mexiko schoss zwei Tore, und der Iran verlor deutlich. Nun wissen wir von Herrn Ahmadi-Nejad, dass jedes Problem des Iran auf die Verschwörung von jüdisch-amerikanischen Teufeln zurückzuführen ist. Diesmal aber greift die übliche Erklärung nicht wirklich. Eher könnte es sich um eine sunnitische Gemeinheit handeln. Mein Freund Shamseddin wies mich darauf hin, dass der Vorname Omar im Iran nicht verwendet wird, weil Omar ibn al-Khattab, der zweite Kalif nach dem Tode Mohammeds, ein erbitterter Feind von Ali, dem Schwiegersohn des Propheten, war.

Der Konflikt zwischen den beiden war Ausgangspunkt des späteren Schisma, der Trennung der Sunniten und Schiiten. Kein guter persischer Schiit und Anhänger Alis würde den Namen Omar, den Inbegriff des Sunnitischen, annehmen. Mexiko aber schickte einen solchen Satan ins Spiel und demütigte die gottesfürchtigen Perser.

Wenn Ali Daei und Ali Karimi gegen die Katholiken Portugals nichts Entscheidendes einfällt, geht der Kampf der Religionen zu ihren Ungunsten aus, und sie treten unbesucht die Heimreise an. Aber wie heißt es im Koran: "Die Gläubigen sind untereinander Brüder"(Sure 49,10). Sage das nur noch jemand dem Herrn Ahmadi-Nejad. (Peter Menasse. DER STANDARD Printausgabe 13.06.2006)