Eine Untersuchungskommission soll die Vorwürfe gegen Werner Mück prüfen, verlangt der Betriebsrat Fernsehen.

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Erstmals stimmte eine Mehrheit im Stiftungsrat des ORF dort gegen die ÖVP. Rot, Grün, Blau, Orange und Unabhängig erzwangen so gegen den Willen der größten Fraktion den eigenen Sitzungstermin am Dienstag, um über den öffentlichen Disput um die TV-Information unter Werner Mück zu diskutieren.

Neun Wochen vor der Wahl eine Mehrheit gegen die ÖVP, die Monika Lindner wieder zur Generalin und Mück zum Infodirektor wählen will. Da überraschte sehr, versuchte die Opposition nicht, diese Ad-hoc-Koalition gegen die Volkspartei in den Sitzungen Dienstag und Mittwoch zu festigen. Das könnte man etwa mit weiteren Anträgen.

"Politisches Kleingeld"

Entsprechend schmückt Kurt Bergmann, Chef des bürgerlichen "Freundeskreises" im Stiftungsrat, im STANDARD-Gespräch seine Erwartungen aus: Hubertha Gheneff-Fürst (BZÖ) werde gewiss eine "sachliche Debatte" über die weitere Entwicklung des ORF führen. Sie hat schon wissen lassen, dass man aus dem Antrag auf Sondersitzung nicht auf das orange Wahlverhalten schließen kann, geht es um General und Direktoren. Für die Ausschreibung des Generalsjobs Ende Juni wollen VP-Räte Kriterien empfehlen.

Die roten Räte hingegen wollten "Lindner und Mück verhindern", sagt Bergmann, auf "sehr polemische Art" "politisches Kleingeld" machen, um "vom Bawag-Skandal abzulenken".

Polemisch oder nicht: Die der SPÖ zugeordneten Stiftungsräte könnten aufgreifen, was die Mehrheit des Betriebsrates Fernsehen Freitag in einem Brief von ORF-Generaldirektorin Monika Lindner verlangt. Sie möge eine Untersuchungskommission (tunlichst mit Belegschaftsvertretern) einsetzen, um die Vielzahl von Vorwürfen gegen Mück zu prüfen, die in den vergangenen Wochen auftauchten: verschwiegene Kritik des Rechnungshofes am Kauf der Eurofighter etwa oder frauenfeindliche Äußerungen.

"Neues Führungsteam"

TV-Betriebsratschef Joe Lesnik bestätigt die STANDARD-Infos über den Brief an Lindner und erklärt sie so: "Die Vorwürfe gehen zu tief an Ehre, Ansehen und journalistische Integrität von Mitarbeitern." Das Haus habe sie bisher öffentlich weder bestätigt noch dementiert. Eine Reaktion auf die Forderung Brief steht aus. Für den 20. Juni aber, einen Tag nach dem internen "runden Tisch" zur ORF-Information, hat Lesnik Lindner zur TV-Betriebsversammlung geladen.

Montag appellierte die Redakteursversammlung der ORF-Magazine an den Stiftungsrat: "Wir brauchen eine Geschäftsführung, die aufgeschlossen, kompetent und unabhängig die Herausforderungen der Zukunft annimmt. Nach unserer Überzeugung braucht es ein neues Führungsteam mit erkennbarer Parteien-und Regierungsunabhängigkeit."

Die ORF-Führung verteidigte die vom Gesetz vorgeschriebene Unabhängigkeit "zu wenig". Vorwürfe gegen Management und Chefredakteur dürften "nicht als parteipolitische Kampagne abgetan werden". (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 13.6.2006)