Bild nicht mehr verfügbar.

Rowan Gillies

Foto: APA/ Claude Ho

Auch wenn die Landsleute von Down Under diesmal wieder bei der Fußball-WM in Deutschland mit dabei sind, für Soccer hat der 35-jährige Australier Rowan Gillies relativ wenig übrig - mehr schon für Rugby und Basketball. Aber auch dazu kommt der sportliche Chirurg aus Sydney kaum mehr, seit er im Jänner 2004 zum internationalen Präsidenten der humanitären Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières (MSF) gewählt wurde. Heute, Montag, halten die Ärzten ohne Grenzen, wie sie auf Deutsch genannt werden, erstmals eine Vollversammlung in Wien ab, wo es seit zwölf Jahren ein MSF-Büro gibt.

Gillies kam 1971 zur Welt, im gleichen Jahr, in dem MSF in Paris gegründet wurde. Junge französische Ärzte waren damals über die beschränkten Hilfsmöglichkeiten entsetzt, die sie im Bürgerkrieg in Biafra und im von einer Flutkatastrophe betroffenen Bangladesch vorgefunden hatten. Und sie beschlossen, ein globales Netzwerk für medizinische Hilfe aufzubauen. Wenige Jahre später, Anfang der 80er-Jahre, spalteten sich einige Ärzte, darunter auch der MSF-Mitbegründer Bernard Kouchner, ab und gründeten das Netzwerk Médecins du Monde (MDM).

Hilfe für die Ärmsten der Armen

Humanitäre Hilfe für die Ärmsten der Armen ist für Gillies ein Teil seines Berufsverständnisses. Schon kurz nach Beginn des Medizinstudiums an der Universität von New South Wales meldete er sich freiwillig für seinen ersten Auslandseinsatz im Grenzgebiet von Burundi und Tansania. Später, bereits als grenzenloser Arzt, folgten Missionen in Afghanistan, in Sierra Leone, im Sudan und in Liberia. 2002, drei Jahre nachdem Ärzte ohne Grenzen der Friedensnobelpreis verliehen worden war, wurde der Arzt zum Leiter der australischen MSF-Sektion.

Damals wie heute als weltweiter Chefarzt ohne Grenzen nimmt Gillies nicht nur Regierungen in die Pflicht, mehr Hilfe für Entwicklungsländer auf die Beine zu stellen. Er wird auch nicht müde, die milliardenschwere Pharmaindustrie dazu aufzufordern, mehr Ressourcen in die Entwicklung billiger Medikamente zu stecken. Derzeit kommen 90 Prozent aller Forschungsgelder nur zehn Prozent der Weltbevölkerung zugute. Immer noch sterben Million von Menschen an leicht behandelbaren Infektionskrankheiten. Nur ein Sechstel aller HIV-Patienten weltweit kann sich eine Behandlung mit modernen Therapien leisten.

Präsident von MSF International wird Gillies voraussichtlich noch ein bis zwei Jahre bleiben. Länger halte man das Ständig-auf-Achse-Sein und die Verantwortung nicht aus, meint er. Dem Hilfsauftrag als Arzt werde er aber zeit seines Lebens verpflichtet bleiben. Beruflich will der Australier den Weg der plastischen Wiederherstellungschirurgie einschlagen. (Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe 12.6.2006)