STANDARD: Kann Mahmud Abbas die Hamas mit dem Referendum zum Einlenken bewegen?
Segev: Ich denke nicht, dass man auf die Hamas Druck ausüben kann. Es gibt Fanatiker, bei denen das nicht wirkt. Trotzdem bin ich gegen den Hamas-Boykott. Was wir Israelis bis heute nicht verstehen, ist, dass die Palästinenser etwas brauchen, was sie verlieren können. Sie brauchen Schulen und Spitäler, das sollte der erste Gedanke sein und nicht, wer das Geld bekommt. Tragisch finde ich, dass gerade jetzt die radikale Hamas an die Macht gekommen ist, wo in Israel ein Umschwung stattgefunden hat und eine Mehrheit den Abzug aus den besetzten Gebieten befürwortet.
STANDARD: Aber die Haltungsänderung ist doch nur bedingt: Neben der Auflösung der Siedlungen wird ja auch eine Mauer gebaut.
Segev: Die Palästinenser wollen mehr Umschwung, sie sind nicht in der Lage, schon das, was passiert ist, als dramatisch anzusehen. Ich bin gegen die Mauer. Sie ist ein Ausdruck für die Illusion, dass man Terror, die Palästinenser, alles Böse heraushalten kann. Da kommt eine jüdische Getto-Mentalität zum Ausdruck.
STANDARD: Geht die moralische Legitimität Israels durch die Politik der gezielten Tötungen nicht verloren?
Segev: Schon die Eroberung der Palästinensergebiete 1967 war unmoralisch und mit einer systematischen Verletzung der Menschenrechte verbunden. Zu den gezielten Tötungen sehe ich keine Alternative. Wir könnten auch den Gazastreifen zurückerobern oder einfach zurückschießen, auch auf die Bevölkerung, so wie die Palästinenser. Aber das wäre ja alles noch schlimmer als Terroristen zu töten.
STANDARD: Beeinflusst die Gewalt die Abzugspläne Olmerts aus dem Westjordanland?