Bild nicht mehr verfügbar.

Offizielle US-Präsentation: "Ausstattung"eines Häftlings in Guantánamo.

Foto: Reuters
Miami/Washington - Im US-Gefangenenlager Guantanamo haben nach US-Angaben drei Häftlinge Selbstmord begangen. Die Männer hätten sich mit Kleidungsstücken und Bettlaken in ihren Zellen erhängt, sagte ein Militärvertreter am Samstag. Wiederbelebungsversuche seien erfolglos geblieben. Es handele sich um zwei Männer aus Saudi-Arabien und einen Jemeniten. Es sind die ersten Selbstmorde von Häftlingen seit Nutzung des Lagers als Gefängnis im Januar 2002. US-Präsident George W. Bush äußerte sich "ernsthaft besorgt" über den Vorfall. Nach Angaben des Weißen Hauses informierten die USA ihre Verbündeten telefonisch über die Entwicklung.

Identität bekannt gegeben

Das US-Verteidigungsministerium hat inzwischen die Identität der drei Insassen bekannt gegeben, die sich das Leben genommen haben. Demnach handelt es sich um die Saudi-Araber Mani Shaman Turki al-Habardi al-Utaybi und Yassar Talal al-Zahrani sowie um den Jemeniten Ali Abdullah Ahmed.

30-jähriger hätte demnächst aus Guantanamo entlassen werden sollen

Der 21-jährige Zahrani soll für die Taliban gekämpft haben, dem 28-jährigen Ahmed warfen die US-Behörden Verbindungen zur Al-Kaida vor. Der 30-jährige Utaybi sollte in den Gewahrsam eines anderen Staats übergeben werden, wie aus Unterlagen hervorgeht, die das Ministerium der Nachrichtenagentur AP am Sonntag übermittelte. Die "Los Angeles Times" berichtet, es handle sich dabei um Saudi-Arabien. Allerdings war der Gefangene noch nicht über seine bevorstehende Überstellung informiert worden. Gegen keinen der drei Männer war offiziell Anklage erhoben worden.

Abschiedsbriefe nicht veröffentlicht

Bislang hatte es nach US-Angaben noch keine Selbstmorde in dem Lager gegeben, wohl aber 41 Selbstmord-Versuche, die vereitelt wurden. Die drei Männer hinterließen Abschiedsbriefe, deren Inhalt jedoch nicht veröffentlicht wurde. Nach Angaben der US-Armee werden die Leichen mit "größtem Respekt" behandelt. Die Namen der Toten wurden nicht mitgeteilt. Es sei eine Ermittlung zu dem Vorfall eingeleitet worden.

In dem Lager auf Kuba halten die USA seit Jahren hunderte Männer unter dem Verdacht fest, Kontakte zur Extremistenorganisation Al Kaida oder zur afghanischen Taliban zu haben. Allerdings wurde bislang lediglich gegen zehn der noch rund 460 Insassen formell Anklage erhoben. Ausländische Regierungen und Menschenrechtsorganisationen haben die USA deshalb in der Vergangenheit wiederholt scharf kritisiert.

Sondermilitärgerichte

Die USA haben die Gefangenen als "feindliche Kämpfer" eingestuft, nicht als Kriegsgefangene. Damit haben sie nicht die Rechte, die die Genfer Konvention für Kriegsgefangene festlegt. Die USA haben Sondermilitärgerichte eingesetzt, um einigen der Insassen den Prozess zu machen. Der Oberste Gerichtshof der USA soll voraussichtlich noch in diesem Monat über die Rechtmäßigkeit solcher Tribunale befinden.

"Kein Akt der Verzweiflung, sondern Akt der Kriegsführung"

Es habe sich bei den Selbstmorden eindeutig um eine geplante und keineswegs um eine spontane Aktion gehandelt, sagte der Kommandeur des Guantanamo-Sonderkommandos, Konteradmiral Harry Harris. "Sie sind gerissen. Sie sind kreativ. Sie sind von ihrer Sache überzeugt", sagte er mit Blick auf die Toten. "Sie haben keine Achtung vor dem Leben, weder vor unserem noch vor ihrem eigenen. Ich glaube, das war kein Akt der Verzweiflung, sondern ein Akt (...) der Kriegsführung gegen uns."

89 von 460 Insassen im Hungerstreik

Anfang Juni hatte die US-Armee erklärt, 89 der rund 460 Insassen des Lagers befänden sich im Hungerstreik. Anwälte der Insassen hatten gesagt, damit solle gegen die unbefristete Inhaftierung und für eine Freilassung demonstriert werden. US-Vertreter hatten den Hungerstreik indes als Versuch der Häftlinge bezeichnet, die Aufmerksamkeit der Medien zu erlangen. Die USA hatten das Lager nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf ihr Land eingerichtet, bei denen rund 3000 Menschen getötet worden waren. Nach Angaben stammen die Insassen des Lagers aus 40 verschiedenen Ländern und dem Westjordanland. Die meisten der Häftlinge kämen aus Saudi Arabien, Afghanistan und dem Jemen.

Bush hatte jüngst gesagt, er würde es gerne sehen, wenn das Lager geschlossen werden könnte. Derzeit seien die USA mit anderen Ländern in Gesprächen über eine Rückführung von Lagerinsassen in deren Heimatländer.

Der Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in New York, Ken Roth, nannte Verzweiflung als Motiv für die Selbst-Tötungen. "Leider sind Selbstmorde wie diese absolut vorhersehbar, wenn Menschen außerhalb der Gesetze und ohne Aussicht auf Hoffnung festgehalten werden. Sie verzweifeln an der Aussicht, für den Rest ihres Lebens eingesperrt und den Launen ihrer Gefängniswärter ausgesetzt zu bleiben." (APA/Reuters/Red)