Wien - Ein Antreten der Liste Hans-Peter Martin bei der Nationalratswahl im Herbst wird immer wahrscheinlicher. "Wenn heute die Entscheidung zu fällen wäre, gäbe es eine Kandidatur", sagte der EU-Abgeordnete Mittwoch Abend bei einer Podiumsdiskussion des Fachhochschul-Studiengangs Journalismus in Wien. Auch "geeignete Kandidaten" für eine Wahlliste "gibt es schon", wie Martin versicherte. Davor braucht Martin für ein Antreten bei der Nationalratswahl aber noch 2.600 Unterstützungserklärungen.

Martin als "Mediator"

20 bis 25 Prozent der Bevölkerung seien derzeit mit dem politischen Angebot nicht zufrieden. "Da besteht die Notwendigkeit, etwas zu tun und ein Angebot zu machen. Wenn es nicht mehr demokratische Partizipation und ein entsprechendes Angebot gibt, dann gewinnen radikale Heilsversprecher die Oberhand." Als Politiker auf dem österreichischen Parkett würde sich Martin demnach als "Mediator zwischen Volksentscheiden" verstehen und einen Betrag dazu leisten, "gewisse Dinge aufzubrechen".

Bei der vergangenen EU-Wahl erreichte der polarisierende Politiker mit seiner EU-kritschen "Liste Dr. Hans-Peter Martin" auf Anhieb 13,98 Prozent und zwei Mandate. Wenn er bei der Nationalratswahl ein Mandat erringt, würde er sich "je nach Wahlergebnis entscheiden", wo er künftig seine politischen Zelte aufschlägt. Entweder Wien oder Brüssel? Martin: "Genau." Auch zu möglichen Koalitionen nahm der frühere "Spiegel"-Journalist, der sich 1999 noch für die SPÖ in die Europawahl geworfen hatte und danach im Streit von den Sozialdemokraten schied, Stellung. So schloss Martin eine Unterstützung für Koalitionen aus, an denen das BZÖ oder die FPÖ beteiligt sind. Dass sich die Frage einer Koalition stellt, glaubt der EU-Parlamentarier aber ohnehin nicht. "Ich rechne mit einer Großen Koalition." Persönlich zeigte sich Martin "am meisten von den Grünen enttäuscht", die inzwischen zu einer "Kaderpartei" geworden sei.

"Ohne Medienhilfe, kein Platz für uns"

Die endgültige Entscheidung über eine Kandidatur will sich Martin aber noch offen lassen. Er macht eine solche einmal mehr vom medialen Umfeld abhängig. "Wenn die Haider-Helfer, die sich auch in den sich angeblich links gebenden Medien befinden, zu Westenthaler- und Strache-Helfern werden, dann ist kein Platz für uns." Martin erfreute sich zuletzt jedenfalls bereits der Unterstützung der "Kronen Zeitung", für die er regelmäßig Kolumnen mit seinen EU-kritischen Ausführungen verfasst. Sorge bereitet Martin auch die kommende Materialschlacht im Vorfeld der Herbst-Wahl. "Es liegen 150 Millionen Euro Parteienförderung herum. Da kann man sich viel kaufen." (APA)