Nanotubes sind sehr feste, zylindrische Kohlenstoffmoleküle, deren elektronische Eigenschaften und hohe Wärmeleitfähigkeit sie für die Materialwissenschaften interessant machen.

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Nanoelektronik und die Visionen von der Überschreitung konventioneller technologischer Grenzen zählen zu jenen Themen, die bei der "28th International Conference on the Physics of Semiconductors" vom 24. bis 28. Juli in der Hofburg in Wien im Zentrum des Interesses stehen werden.

"Es ist ein Spiegel der weltweiten Forschung", unterstreicht Erich Gornik, Geschäftsführer von Austrian Research Centers und Präsident der Gesellschaft für Mikro- und Nanoelektronik die Bedeutung des Kongresses. Neue Funktionen, Bauelemente sowie Materialien - "dort werden jene Konzepte präsentiert, die zukunftsweisend für viele weitere Entwicklungen sind".

Längst beziehen sich die großen Erwartungen nicht mehr bloß auf noch schnellere Rechner. In Kooperation mit den verwandten Disziplinen Nanobiotechnologie und Nanophotonik sollen noch mehr intelligente Produkte entstehen: beispielsweise Mobiltelefone, die neben Spitzenkameras etwa auch künstliche Nasen zur Schadstofferkennung aufweisen, oder Haushalts-Roboter und Autos, die in brenzligen Situationen eingreifen, und so den Alltag revolutionieren können. Grenzen scheint es dabei nur wenige zu geben. Und Sensoren, logische Schalter und Speicherbausteine liefern dabei als Winzlinge die Leistung von wahren Hightech-Riesen für den Computer.

Entwicklungen

An der Universität Linz ist es beispielsweise gelungen, einen Einzel-Elektronen-Transistor auf Silizium-Germanium-Basis herzustellen. Dieser kann mit einem einzelnen Elektron einen Schaltvorgang auslösen, für den in den derzeit kommerziell erhältlichen Schaltungen zehntausende in einem Transistor notwendig sind. "Der Vorteil liegt im geringeren Energieverbrauch. Als konventionelles Bauelement funktioniert der Transistor bisher nur bei sehr tiefen Temperaturen", weiß Günther Bauer, Leiter des Institutes für Halbleiter- und Festkörperphysik. "Es handelt sich hier um einen wichtigen Baustein auf dem Weg zur Quanteninformationsverarbeitung auf Basis von Silizium."

Ein weiteres Projekt firmiert unter "Platon" (Processing Light - Advanced Technologies for Optical Nanostructures). Hier ist die Technische Universität Wien mit sechs wissenschaftlichen und vier Industriepartnern am Werk. "Neue Technologien der Nanostrukturierung werden verwendet, um neue photonische Bauelemente zu kreieren", beschreibt Gottfried Strasser vom Zentrum für Mikro- und Nanostrukturen.

Der schnellere Transfer von Daten und deren effizientere Verwertung bilden keinesfalls den einzig möglichen Nutzen. Strasser: "Geringste Mengen an gefährlichen Substanzen lassen sich nachweisen. Die Möglichkeiten reichen dabei prinzipiell von der Prozesskontrolle bei der Herstellung in der Chemie über Spurenanalyse in Lebensmitteln bis zur Sprengstoffkontrolle auf Flughäfen z. B. Es gibt aber ebenfalls Anwendungen für die Medizin, wo schnelle und eindeutige Messmethoden künftig immer mehr an Bedeutung gewinnen werden."

Im Rahmen des Förderprogramms FIT-IT wiederum kommt das Projekt "SoftRoC" (Software Radio on Chip) zum Zug. Hier arbeiten die Unternehmen Infineon Technologies Austria und DICE zusammen mit dem Institut für Elektrische Mess- und Schaltungstechnik der TU Wien an der Entwicklung von Schlüsselkomponenten für die nächste Handygeneration in neuester 65-Nanometer-Technologie.

Immer kleiner

Bis zu 1500 Teilnehmer schauen hinter diese Kulissen. "Ein aktueller Trend betrifft Bauelemente für Quanten-Computing. Integrierbarkeit und Skalierbarkeit lässt sich nur durch Halbleiterbauelemente erreichen", unterstreicht Karl Unterrainer, Leiter des Zentrums für Mikro-und Nanostrukturen an der Technischen Universität Wien. Als weiteren Schwerpunkt nennt er "die Verkleinerung von Bauelementen", die nach wie vor ein aktuelles Thema sei. "Sie scheint aber an ihre Grenzen zu stoßen. Deshalb wird jetzt der Ruf nach neuen Ideen sowie Materialien laut."

Ein Ruf, der in Österreich aber auch sehr deutlich vernommen wird. Nicht nur die Vergabe des Kongresses an Österreich wird von vielen Fachleuten als Indiz für die Konkurrenzfähigkeit der Alpenrepublik gewertet. "Im Vergleich zu seiner Größe liefert das Land kleine, jedoch qualitativ hoch stehende Beiträge zur zukünftigen Entwicklung der Nanoelektronik", verkündet Unterrainer.

Die kreativen Ideen sind scheinbar nur eine Seite der Medaille. Gornik: "Österreich besitzt sicher beste Perspektiven, um bei der internationalen Entwicklung mitzuhalten. Es gibt genug Köpfe, doch die Infrastruktur ist mangelhaft. In Europa entstehen mehrere Zentren für Nanoelektronik, was als grundlegende Voraussetzung gilt. In Wien beispielsweise wäre die Schaffung der ,Nanofab Vienna' am Tech Gate eine große Chance." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 07.06. 2006)