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Der Gewinner der tschechischen Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende, der 50-jährige Vorsitzende der rechtsliberalen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), ist auf dem besten Weg, neuer Premierminister zu werden. Bereits am Montag bekam Mirek Topolánek von Präsident Václav Klaus den offiziellen Auftrag zur Regierungsbildung. Das Treffen der beiden Politiker war nicht ohne Symbolkraft. Schließlich trafen da auf dem Prager Hradschin zwei Männer zusammen, die Mitglieder derselben Partei sind; und das heutige Staatsoberhaupt war der letzte Spitzenkandidat der ODS, dem es – vor genau zehn Jahren – gelang, Wahlen zu gewinnen.

Doch die politische Beziehungskiste Klaus–Topolánek ist bei Weitem nicht friktionsfrei. Klaus hat nie überwunden, dass ausgerechnet der Nordmährer Topolánek, der von seinen Freunden den Spitznamen "Topol" (auf Deutsch Pappel) erhielt, vor gut vier Jahren zu seinem Nachfolger an der Parteispitze gewählt wurde. Von den drei Bewerbern um Klaus' Nachfolge galt der damalige Senator aus Ostrava (Mährisch Ostrau) als Außenseiter. Doch er siegte, nicht zuletzt auch deshalb, weil es in der bis dahin stark zentralistisch geführten Partei zu einem "Aufstand der Regionen" gekommen war. Die wichtigsten regionalen Parteigliederungen schmiedeten hinter den Kulissen erfolgreich eine gemeinsame Strategie gegen den von Klaus unterstützten Kandidaten.

Klaus selbst, vom Erfolg des von ihm nicht erwarteten Nachfolgers überrascht, gab seinem Frust freien Lauf und schickte kurz nach der Wahl Topoláneks von seinem Handy eine der wohl berühmtesten Kurznachrichten in der tschechischen Geschichte ab, die lautete: "Diese falsche und hohle Pappel." Ein Boulevardblatt, dessen Fotograf die Nachricht zufällig ablichtete, brachte Klaus damit am nächsten Tag in ziemlichen Erklärungsnotstand.

Dem anfangs nicht nur wegen dieser Lappalie belächelten studierten Maschinenbauingenieur Topolánek gelang es aber, einen neuen Stil in die Partei zu bringen, wobei sicherlich auch sein Naturell behilflich war. Die Menschen aus Nordmähren gelten als robust und sind bekannt dafür, dass sie sich kein Blatt vor den Mund nehmen.

Auch deshalb galt der dreifache Vater Topolánek in seiner Anfangszeit an der ODS- Spitze als Garant für gute Einschaltquoten und wurde in diverse Talkshows eingeladen.

Doch Topoláneks Neigung, auch komplexe Zusammenhänge auf einfache Grundaussagen zu reduzieren, wurde ihm fast zum Verhängnis. So, als er vor zwei Jahren die damals frisch beschlossene europäische Verfassung in einem Zeitungsinterview wörtlich als "Shit" bezeichnete. Dafür gab es selbst in der ansonst europakritischen ODS zum Teil herbe Kritik. (Robert Schuster/DER STANDARD, Printausgabe, 7.6.2006)