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Liebling der sozialistischen Sympathisanten: Ségolène Royal schlägt parteinterne Gegner um Längen.

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Wer Autos abfackelt, soll vom Militär erzogen werden: Szene aus der Krawallnacht zum 1. Juni .

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Die jüngsten Ideen, die Royal in die Polit-Arena Frankreichs eingebracht hat, haben Zweifel aufkommen lassen - die Betroffene beteuert, ihr Herz schlage links.

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Paris/Wien – "Herzlichen Dank an Ségolène Royal! Sie hat die üblen Folgen der schlechten Umsetzung der 35-Stunden-Woche angesprochen. Endlich keine ideologische, sondern eine mutige und objektive Analyse dieses Themas!" So begeistert wie Poster JPP, der sich in einem Blog auf der Homepage der französischen Sozialistin zu Wort meldet, sind ihre Parteikollegen nicht alle. Seit einer Woche provoziert die bei den Franzosen höchst populäre Offizierstochter Royal die PS-Linke mit politischen Ideen, denen für viele nicht einmal mehr ein Rest korrekter Gesinnung anhaftet.

In der Vorwoche, knapp nach einem neuen Aufflammen von Unruhen in einigen Banlieues, hatte Royal mit dem Vorschlag aufhorchen lassen, straffällig gewordene Jugendliche einer "militärischen Betreuung" zu unterziehen. Zudem sollten Eltern, die ihre Kinder nicht zum regelmäßigen Schulbesuch anhalten, die staatlichen Sozialleistungen verlieren.

Bereits mit diesen Anregungen sorgte Royal für Entrüstung. Ex-Premier Laurent Fabius, der sich im vergangenen Jahr vor dem französischen EU-Referendum weit links positioniert hatte und dem ebenfalls Präsidentschaftsambitionen nachgesagt werden, äußerte sofort den Verdacht, die Parteifreundin wolle Innenminister Nicolas Sarkozy, seit je ein Mann der inneren Sicherheit, übertrumpfen wollen (Sarkozy selbst bedankte sich dafür, dass die Linke endlich seine Ideen übernähme). Auch Royals Lebenspartner, PS-Vorsitzender François Hollande ging auf Distanz. "Segolénès Ideen deuten in die richtige Richtung", meinte er, "doch Erziehung ist keine Aufgabe des Militärs."

Nach dem umstrittenen Law-und-Order-Auftritt setzte Royal Anfang dieser Woche noch eins drauf, als sie die 35-Stunden-Woche in Frage stellte. So wenigstens interpretierten viele Franzosen einen Debattenbeitrag, den die 51-Jährige auf ihre Homepage gestellt hatte. Auch hier ließ der Aufschrei aus der Partei nicht lange auf sich warten: Der EUAbgeordnete Benoît Hamon forderte Royal auf, sie solle endlich aufhören, "Bomben zu werfen. Damit richtet man Schaden an". Der ehemalige Bildungsminister unter Lionel Jospin, Claude Allègre meinte gar, Royal habe "das Recht verwirkt, die Sozialisten im Jahr 2007 zu vertreten."

Das sieht die sozialistische Basis allerdings grundsätzlich anders. Wie eine von Libération am Montag publizierte Umfrage zeigt, hängt Royal ihre potenziellen Kontrahenten für eine sozialistische Präsidentschaftskandidatur um Längen ab: 68 Prozent der PS-Sympathisanten fänden Royal ideal in dieser Rolle; der Zweitplatzierte, Ex-Finanminister Dominique Strauss-Kahn kommt gerade einmal auf 28 Prozent Zustimmung.

In einem Fernsehauftritt am Montag auf "France 3" beteuerte die viel Kritisierte, selbstverständlich stünde sie als Sozialistin nicht nur links, sondern auch hinter der 35-Stunden-Woche. Diese habe "350.000 Stellen geschaffen" und sei eine große soziale Errungenschaft. Allerdings hapere es bei der Umsetzung, und auf Beschäftigte in den untersten Lohnkategorien habe sie sich geradezu schädlich ausgewirkt, weil häufig die Intensität der Arbeit zugenommen habe oder die Arbeitszeit unregelmäßiger geworden sei. (Christoph Winder/DER STANDARD, Printausgabe, 8.6.2005)