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Montenegro wird nach 88 Jahren erneut ein unabhängiger Staat

foto: apa/epa/Koca Sulejmanovic
Podgorica - Europa hat seit Samstagabend einen neuen Staat: Montenegro. Das Parlament in Podgorica verkündete im Rahmen einer feierlichen Sitzung offiziell die Unabhängigkeit. Damit hörte der Staatenbund Serbien-Montenegro zu existieren auf. Montenegro habe als unabhängiger Staat mit voller völkerrechtlicher Subjektivität seine Eigenstaatlichkeit in den bestehenden Landesgrenzen erneuert, hieß es in dem einstimmig gefassten Beschluss in Podgorica. Die Opposition boykottierte die Sitzung. Kein Mitglied der serbischen Staatsführung folgte der Einladung nach Podgorica.

Parlament verkündet offiziell Unabhängigkeit

Vor der Verkündung der Unabhängigkeit nahmen die Abgeordneten das offizielle Ergebnis des Unabhängigkeits-Referendums an. Bei der Volksabstimmung am 21. Mai hatten sich 55,5 Prozent der Bürger Montenegros (nach EU-Vorgabe waren 55 Prozent notwendig) für die Loslösung aus dem Staatenbund mit Serbien ausgesprochen. Damit wurde auch der Zerfall Jugoslawiens in sechs Staaten besiegelt. Schon Anfang der 90er Jahre hatten sich Slowenien, Kroatien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina für unabhängig erklärt. Mit der Unabhängigkeit Montenegros wird auch Serbien automatisch unabhängig.

Das Parlament in Podgorica nahm auch eine Deklaration über die Grundprinzipien des souveränen Staates Montenegros an. Grundlage seien die Achtung und der Schutz der Menschen- und Minderheitenrechte, die Prinzipien der parlamentarischen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft. Der Ausbau des Staates zu einer zivilen, multinationalen, multiethnischen, multikulturellen und multikonfessionellen Gesellschaft werde weiter geführt.

In der Deklaration wird hervorgehoben, dass Montenegro die Prinzipien der UNO, der EU, des Europarates, der OSZE und anderer internationaler Organisationen annehmen werde. Die notwendigen Schritte zur Mitgliedschaft in internationalen Organisationen sollen so bald wie möglich gesetzt werden. Betont wird die "strategische Priorität" der raschen EU-Integration. Auch die NATO-Mitgliedschaft wird angestrebt.

Die Oppositionsparteien, die sich für die Wahrung des Staatenbundes mit Serbien aussprachen, boykottierten die Sitzung. Der serbische Präsident Boris Tadic kam - wegen anderer Verpflichtungen - nicht zur feierlichen Verkündung der Unabhängigkeit nach Podgorica. In einer Aussendung wünschte Tadic "allen Bürgern Montenegros Frieden, Stabilität und umfassende Prosperität". Auch der serbische Premier Vojislav Kostunica folgte nicht einer Einladung nach Podgorica.

OSZE-Beitritt angekündigt

Montenegro werde bis Ende Juli dieses Jahres als 56. Mitglied in die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aufgenommen werden, kündigte der aus Montenegro stammende OSZE-Botschafter Serbien-Montenegros, Vesko Garcevic, an. Nächste Woche werde Montenegro offiziell einen Beitrittsantrag stellen. "Das wird die erste Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation nach der Verkündung der Unabhängigkeit", sagte der Diplomat.

Vor dem Parlament in Podgorica feierten hunderte Menschen trotz starken Regens die Unabhängigkeit mit einem Feuerwerk und Ausrufen wie "Viva Montenegro". Eine große, von der Regierung organisierte Unabhängigkeitsfeier ist für den 13. Juli geplant, dem montenegrinischen Nationalfeiertag. (APA)