Die aktuelle ORF-Debatte treibt nun offenbar auch einen Keil in den ÖVP-"Freundeskreis" des ORF-Stiftungsrats, der für die Wahl der neuen ORF-Geschäftsführung im August und September zuständig ist. Nachdem sich Andreas Braun, VP-naher Stiftungsrat des Landes Tirol, für einen "werbefreien ORF" ausgesprochen und eine Unterstützung von Generaldirektorin Monika Lindner bei der kommenden Wahl offen gelassen hatte, reagierte der bürgerliche Zentralbetriebsratsobmann und Stiftungsrat Heinz Fiedler in einer Aussendung harsch. Fiedler sprach sich indirekt für die Absetzung Brauns als Stiftungsrat aus.

Bewegung im "Laden ORF"

"Beim letzten Mal habe ich Lindner jedenfalls nicht gewählt", sagte Braun in einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung". Braun will sich noch nicht in die Karten blicken lassen. Dass mit der aktuellen Diskussion Bewegung in den "Laden ORF" kommt, findet er gut.

"Man muss eine Grundsatzdiskussion über einen werbefreien ORF führen." Mögliches Szenario: Neben dem ORF, der mit den Rundfunkgebühren ein anspruchsvolles, auch "sperriges" Programm bieten könnte, fährt ein privater Sender mit den Werbeeinnahmen auf der Quotenschiene. Hier fänden dann Unterhaltungsformate wie "Dancing Stars" ihren Sendeplatz. "Ob der ORF unter der derzeitigen Führung mit genügend Phantasie an der Zukunft arbeitet - dahinter habe ich in den Sitzungen ein paar Fragezeichen gesetzt", so Braun.

Fiedler: "Angriff auf die Existenzgrundlage des ORF"

"Ich werde die Tiroler Landesregierung anregen, ihre Entscheidung für Andreas Braun als Vertreter des Landes Tirol im Stiftungsrat des ORF zu überprüfen", erklärte der Zentralbetriebsrat in einer Aussendung. Fiedler wies Brauns "Angriff auf die Existenzgrundlage des ORF aufs Schärfste" zurück. "Offenbar weiß Braun nicht, wovon er spricht, wenn er von einem 'werbefreien ORF' fantasiert und den Sender mit der BBC vergleicht. Die BBC sendet in einem Land mit 25,4 Millionen Haushalten, der ORF erreicht 3,3 Millionen. Dass Fernsehen in einem mehr als sieben Mal so großen Markt über andere Finanzierungsmodelle verfügen kann, weiß Braun offenbar nicht", so Fiedler.

Mangelndes Fachwissen bei Braun ortet Fiedler auch in weiteren Punkten. Der ORF könne seine gesetzlichen Aufgaben ohne Werbeeinnahmen unmöglich erfüllen. Darüber hinaus könne der ORF mit seinen Fernseh- und Radioprogrammen ohne Werbung nicht überleben und auch der "umfassend verwirklichte und bekanntermaßen kostspielige Föderalismus" sei ohne Werbefinanzierung unmöglich. Brauns Aussagen stünden in diametralem Gegensatz zu seinen Aufgaben das Mitglied eines Aufsichtsrats. Der aktuelle öffentliche Schlagabtausch füge dem Unternehmen ORF im Übrigen "in erster Linie Schaden zu", meinte Fiedler. (APA)