Den Vorwurf der Regierungslastigkeit weist ORF-Chefredakteur Werner Mück in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "profil" zurück. "Wenn es Versuche der Einflussnahme gibt, dann stehen sie in keinem Verhältnis zu dem, was diese Redaktionen davor erlebt haben." Methoden, wie sie "von der SPÖ-Kanzlerpartei einst angewendet wurden, wären heute völlig undenkbar". Es gebe laut Mück niemanden mehr, "der auf Intervention irgendwelche Interviews machen muss, wie es damals zu oft der Fall war."

"Ich-AG Armin Wolf"

Vorbei seien auch die Zeiten, wo ein Redakteur "direkt bedroht wird" oder von "Redaktionsfremden Vorschriften gemacht werden", was ein Redakteur "zu tun und zu lassen hat". Das Verhältnis zu seinem Kritiker Armin Wolf - dieser hatte Mitte Mai bei der Verleihung des Robert Hochner-Preises die internen ORF-Strukturen sowie politische Einflussnahme im ORF kritisiert und gemeint, dass zu viel Macht in der Hand Mücks vereint sei, was eine breite öffentliche ORF-Debatte in Gang setzte - charakterisiert Mück als schwierig: "Mit der Ich-AG Armin Wolf ist es nie friktionsfrei. Ein Teil unserer Bezüge ist auch Schmerzensgeld für Arbeitsleid."

"Überlebtes Programmschema"

Deutliche Kritik übt Mück im "profil" am seiner Ansicht nach veralteten ORF-Programmkonzept: "Als Chefredakteur sehe ich ein Programmschema, das sich überlebt hat." Er sei der Überzeugung, dass das Informationsprofil des ORF gestärkt werden müsse. "Dieses Profil hat gelitten, weil es seit 15 Jahren weit gehend unverändert blieb", so Mück. Auf Grund geänderten Publikumsverhaltens sei eine "andere Angebotspalette" nötig.

Das Programmschema ist das Herzstück jeder Geschäftsführung und absolute Chefsache. Eine Kandidatur für den Posten des Generaldirektors schließt Mück aber aus. Er werde sich nicht bewerben und gehe davon aus, das Monika Lindner wieder Generaldirektorin werde.

Cap: Mück soll auch Kandidatur als Info-Direktor ausschließen

Chefredakteur Mück habe den gesamten Informationsbereich, von der "Zeit im Bild" über "Pressestunde" und "Offen gesagt bis hin zu den Magazinsendungen, in seinem Kompetenzbereich gesammelt. Alle Sendeinhalte, alle Einladungen gingen laut Cap über Mücks Schreibtisch. "Unter Mück wurde die gesamte Information zentralisiert und eine autoritär-zentralisierte Ordnung eingeführt. Das Ergebnis ist die Info-Krise des ORF mit rückläufigen Seherzahlen und sinkenden Werbeeinnahmen."

"Flucht aus der Verantwortung"

Wenn Mück nun das ORF-Programmschema kritisiere, dann sei das eine "Flucht aus der Verantwortung", meinte der Mediensprecher der SPÖ. Mück sei für das "Organisationskonzept, das zu dieser Info-Krise geführt hat, verantwortlich". Die ÖVP werde von Mück in der Berichterstattung bevorzugt.

Nun plane der ORF-Chefredakteur offenbar eine Reform "mit sich als starkem Informationsdirektor, einem schwachen Chefredakteur und Sendungsverantwortlichen, die direkt an Mück berichten". Mück wolle den bisherigen Kurs in der Information, der ganz auf seine Person zugeschnitten war, fortsetzen. "Das ist unfassbar. Die Talfahrt und Info-Krise geht damit weiter. Mück sollte nicht nur eine Kandidatur als Generaldirektor, sondern auch eine Kandidatur als Informationsdirektor ausschließen."

Es sei nun Sache des Stiftungsrates, daran mitzuwirken, dass der ORF "aus dieser Info-Krise herausgeführt wird". Cap zeigte sich überzeugt, dass sich das oberste ORF-Aufsichtsgremium in seinen nächsten Sitzungen am 13. und 14. Juni mit den Mücks Aussagen beschäftigen werde. (APA)