Foto: Frauenhauser.at
Graz/Wien - Das Wissen, unbürokratisch und ohne Nennen von Namen Zuflucht in einem Frauenhaus finden zu können, sei "die Grundlage, dass Betroffene einen Ausweg aus gewalttätigen Beziehungen suchen", betont Daniela Almer von der bundesweiten Informationsstelle gegen Gewalt. Aus diesem Grund seien die Verwaltungsvorgaben des neuen steirischen Frauenhaus-Finanzierung "eine massive Gefahr für unsere Arbeit" - zumal auch schon in anderen Bundesländern Interesse an dem Modell bestehe.

"Eine Klientin wollte den Namen des Mannes, der sie verprügelt hatte, auf keinen Fall nennen: Sie hatte Angst. Die Kosten für ihren Aufenthalt wurden uns nicht ersetzt", schildert Angelika Ratswohl, Geschäftsführerin des Frauenhauses Graz, einen der jüngsten Problemfälle. Alles in allem seien seit Inkrafttreten des steirischen Gewaltschutzgesetzes im April 2005, das statt Förderungen fixe Tagsätze gewährt, "die Kosten für zehn Prozent der Aufenthalte im Grazer und Kapfenberger Frauenhaus nicht vom Land getragen worden".

Die Ablehnungsgründe seien dabei meist "rein formal". Sie basierten auf zwei der vier "Voraussetzungen für die Hilfe" laut Gewaltschutzgesetz, das - so Ratswohl - insgesamt einen "ganz großen Fortschritt" darstelle, weil es "erstmals in Österreich einen Rechtsanspruch auf Aufenhalt im Frauenhaus vorsieht".

Bezahlt geholfen wird demnach Personen, die "ihren gewöhlichen Aufenthalt im Land Steiermark haben". Ratswohl: "Also etwa nicht einer Tirolerin, die in Graz Zuflucht sucht, weil sie fürchten muss, dass sie der Gewalttäter im heimischen Bundesland ausfindig macht." Bezahlt geholfen wird, über wen die Landesbehörde "binnen drei Tagen"nach Übersiedlung ins Frauenhaus eine Verständigung erhält - "Name" sowie "Gründe der Aufnahme" inklusive.

Vor allem diese zweite Bedingung kollidiert laut Almer mit den "Grundprinzipien der österreichischen Frauenhausbewegung". Seit ihren Beginnen in den 1970er-Jahren basiere diese auf dem "absoluten Vertrauensprinzip" zwischen Gewaltopfern und Helferinnen, Auskunftsbegehern hätten für die Klientinnen "psychische Zusatzbelastungen" zur Folge: "Die zunehmende Unterwanderung unserer Qualitätsstandards macht uns große Sorge", sagt die bundesweite Sprecherin der autonomen Frauenhäuser.

Amtsverschwiegenheit

In der Steiermark entbehrten diese Sorgen jeden Grundes, widerspricht hier der Landeshauptmannstellvertreter Kurt Flecker (SP). Die Anonymität der Frauenhausbewohnerinnen sei "zu 100 Prozent gewährleistet": Nur eine Landesbeamtin und deren Stellvertreterin hätten Einblick in die Akten - "und die beiden stehen unter Amtsverschwiegenheit". Chancen auf Rücknahme der Informationspflicht sieht Flecker keine: "Anders kann ein Rechtsanspruch einfach nicht überprüft werden." (Irene Brickner, DER STANDARD, Print, 31.5.2006)