Gottes Wege sind oft unergründlich und manchmal ziemlich steil - der Aufstieg auf den Glockenturm der Linzer Stadtpfarrkirche lohnt sich dennoch

Foto: Diözese Linz
Linz – WM-Anpfiff gegen Kirchenglocken- Geläut – so lautet das spannende Match am Samstag, den 9. Juni 2006. Während am grünen Rasen Punkt 18 Uhr die Fußball- Weltmeisterschaft in Deutschland angepfiffen wird, läuten in Wien fast zur selben Zeit zahlreiche Glocken die zweite „Lange Nacht der Kirchen“ ein.

Klerikale Spätschicht

Dem Erfolg des Vorjahres mit rund 100.000 Besuchern ist es zu verdanken, dass heuer neben rund 180 Gotteshäusern in Wien auch erstmals 15 Kirchen in der Linzer Innenstadt eine klerikale Spätschicht bis ein Uhr Früh einlegen werden. Offiziell eröffnet wird die lange Nacht in Wien mit einer ökumenischen Vesper unter dem Motto „Christsein überschreitet Grenzen“ in der Kirche Maria am Gestade. Mit dabei sind Kardinal Christoph Schönborn, der orthodoxe Metropolit Michael Staikos und der evangelisch-lutherische Bischof Herwig Sturm. Dann folgt ein dichtes Programm: Rund 1000 Veranstaltungen – Konzerte, Lesungen, spezielle Kirchenführungen – sollen „Christen und Nichtchristen“ in die Gotteshäuser holen.

WM in der Kirche

Doch auch mit den Freunden des runden Leders hat der Fußball-Gott in dieser Nacht ein Einsehen. Passionierte Kicker unter den Gläubigen werden wohl ausschließlich in jenen Kirchen anzutreffen sein, in denen via Leinwand die Spiele des ersten WM-Tages übertragen werden.

Dem Himmel näher

In Linz beginnt die Kirchennacht um 19 Uhr mit einer ökumenischen Vesper mit Diözesanbischof Ludwig Schwarz und dem evangelischen Superintendenten Gerold Lehner im Mariendom. Anschließend gibt es in den Innenstadtkirchen insgesamt 60 Veranstaltungen – darunter unter anderem eine Diskussion zwischen Dompfarrer Maximilian Strasser und dem Karikaturisten Gerhard Haderer.

Jenen Besuchern, die kletterfreudig und vor allem schwindelfrei sind, wird in dieser Nacht die einmalige Möglichkeit geboten, Gott ein kleines Stückchen näher zu kommen. Über etliche steile Stufen kann der Glockenturm der Linzer Stadtpfarrkirche erklommen werden. Den Besteiger erwartet ein Blick über die Landeshauptstadt und eine der wenigen noch erhaltenen Glöckner- Wohnungen, die sich in der Turmspitze befindet. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD Printausgabe, 31.05.2006)