Am 30. August 1999 hatten sich 80 Prozent der überwiegend christlichen Bevölkerung von Osttimor in einem von den Vereinten Nationen organisierten Referendum gegen einen indonesischen Autonomieplan und damit für die Eigenstaatlichkeit entschieden.

Die Besatzungsmacht Indonesien richtete daraufhin ein Blutbad an. Hunderttausende flohen, wurden vertrieben oder verschleppt. Der UNO-Sicherheitsrat beschloss die Einsetzung einer Übergangsverwaltung bis zur Verwirklichung der Unabhängigkeit, die 2002 nach freien Parlamentswahlen und der Verabschiedung einer Verfassung verwirklicht wurde.

Bild nicht mehr verfügbar.

Seit dem Massaker 1999 ist das Land tief gespalten - der Ost-Westkonflikt beherrscht Armee, Polizei. Vergangene Woche kam es erstmals seit der Ausrufung der Unabhängigkeit zu schweren Ausschreitungen. Ausgelöst wurden die Unruhen durch die Entlassung von 600 streikenden Soldaten.

Diese warfen der Regierung Diskriminierung vor, da sie angeblich wegen ihrer Herkunft aus dem Westen des Landes bei Beförderungen übergangen worden sind. Zudem gab es Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Armee- und Polizeieinheiten. Das entstandene Machtvakuum war von kriminellen Banden gefüllt worden. Die Unruhen kosteten mehreren Menschen das Leben.

Im Bild: Major Alfredo Reinaldo, der die Proteste der Soldaten unterstützte.

Foto: Reuters/LIRIO DA FONSECA

Bild nicht mehr verfügbar.

Nach einem Hilferuf der Regierung trafen Ende vergangener Woche die ersten von insgesamt 1300 Soldaten ein, die Australien zur Verstärkung des UNO-Kontingents auf die Pazifikinsel schickte. Auch Malaysia, Neuseeland und die ehemalige Kolonialmacht Portugal entsandten Truppen. Bisher sind etwa 2000 Soldaten aus Australien, Malaysia, Neuseeland und Portugal in Osttimor stationiert.

Foto: EPA

Bild nicht mehr verfügbar.

Nach den Unruhen übernahm Staatspräsident José Alexandre ("Xanana") Gusmao die Kontrolle über die Armee. Der Verteidigungs- und der Innenminister wurden entlassen. Bisher standen die Streitkräfte unter der Kontrolle von Regierungschef Mari Alkatiri.

Alkatiri, dessen Beschluss, die streikenden Soldaten unehrenhaft aus der Armee zu entlassen, die schweren Unruhen auslöste, hatte noch am Wochenende den Präsidenten beschuldigt, die Unruhen zum Vorwand zu nehmen, um ihn aus dem Amt zu drängen.

Im Bild: Staatspräsident José Alexandre Gusmao versucht nach den Krisengesprächen die Medien zu beruhigen.

Foto: REUTERS/Zainal Abd Halim

Gusmao wird nach eigenen Angaben zunächst für dreißig Tage gemäß Notstandsgesetzgebung die Befehlsgewalt ausüben. Die Kämpfe haben mittlerweile zu einer Massenflucht der osttimoresischen Zivilbevölkerung geführt. Jeder zehnte Bewohner - bis zu 100.000 Menschen - sei aus den Städten und Dörfern geflohen.

Die Kämpfe gehen unterdessen weiter. Nach Einschätzung eines hohen australischen Offiziers gelang es den ausländischen Soldaten inzwischen allerdings, die Oberhand über die marodierenden Jugendlichen zu gewinnen: "Sie sind entweder durch unsere Soldaten entwaffnet worden, oder sie haben die Warnung verstanden und sind ebenfalls nach Hause gegangen."

Bild nicht mehr verfügbar.

Mit Macheten bewaffnete Männer stürmten am Dienstag das Büro der Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt Dili und plünderten das Gebäude. Auch in anderen Gegenden Dilis kam es zu Gefechten und Brandstiftungen.

Foto: EPA

Bild nicht mehr verfügbar.

Tausende Flüchtlinge versammelten sich vor einem Lagerhaus, wo kostenloser Reis ausgegeben wurde. Die ausländischen Soldaten bemühten sich, die Ordnung wiederherzustellen. Eine Ende der Ausschreitung ist allerdings noch nicht absehbar. (APA, red)

Foto: EPA/Almeida