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Foto: AP/Katsumi Kasahara

Graz – Gehirnstrukturen, die bei der Anwendung musikalischer Fertigkeiten beteiligt sind, seien bei Musikern anatomisch anders als bei Nicht-Musikern, so der Schweizer Neuropsychologe Lutz Jäncke. Am Montagnachmittag hielt der Uni-Professor an der Kunstuniversität Graz (KUG) einen Vortrag mit anschließender Diskussion zum Thema "Was ist das Besondere an den Gehirnen von Musikern?". Organisiert wurde die Veranstaltung von der Initiative Gehirnforschung Steiermark (Inge-St).

Modifizierbares Gehirn

Nach den aktuellsten Forschungen ist das menschliche Gehirn plastischer als bisher angenommen und durch verschiedene externe Einflüsse modifizierbar. Diese Beeinflussung ist mittlerweile auch neuroanatomisch nachweisbar. Seit den neunziger Jahren forscht Jäncke an den Gehirnen von Spitzenkünstlern. Studien ergaben, dass das verbale und das Arbeitsgedächtnis der "Klangwelt-Experten" durch das Training besser ausgebildet sind. Bei musikalischen Kindern hätte sich eine leichte IQ-Verbesserung gezeigt, ebenso seien verbesserte Daueraufmerksamkeit und kognitive Flexibilität sowie eine höhere Leistungsmotivation gegeben, so Jäncke.

Die Veränderungen seien abhängig von Dauer und Beginn des Musiktrainings, erklärte der Schweizer. "Unter den Musikern lebt der Mythos, ein Genie sein zu müssen. Ich kenne aber keinen Spitzenmusiker, der nur eine Stunde am Tag übt", so der Referent. "Genies gibt es allerhöchstens in der Popmusik." Auch hätten die untersuchten Instrumentalisten sehr früh mit der Ausbildung angefangen. "A bisserl Genetik wird schon auch dabei sein", empörte sich ein älterer Mann aus dem Publikum.

Dauerhaftes unbewusstes Wissen

Das menschliche Gehirn sei darauf ausgerichtet, ein Leben lang trainiert zu werden, so der Schweizer auf die Frage, ob es eine Grenze gebe, bei der erworbene Fähigkeiten nicht mehr verlernt würden. Man müsse Fertigkeiten soweit automatisieren, dass sie von selbst ablaufen, dann würde man länger darüber verfügen. Es sei "unbewusstes Wissen, das in uns drinnen ist".

Eine Zuhörerin wollte wissen, ob bestimmte Musikrichtungen Menschen aggressiv werden lassen. "Auch Musik lernen wir durch Erfahrung", so Jäncke. Deshalb könnten bei einem Song unterschiedliche Gefühle auftreten und manchen Genießer in einen erregten Zustand versetzen.

... und Musik macht Spaß

"Musik ist nur eine Variante des Trainings", erklärte der Schweizer. Man könne auch etwas anderes Neues machen, wichtig sei das regelmäßige Üben. Trotzdem sei die Auseinandersetzung mit Musik etwas Besonderes: "Man lernt, sich zu strukturieren, disziplinieren und zu konzentrieren. Man setzt sich immer höhere Anspruchsniveaus. Das motiviert und Musik macht Spaß", so Jäncke. (APA)