In den vergangenen Tagen hatten die Unruhen zu einer Massenflucht der osttimoresischen Zivilbevölkerung geführt. Jeder zehnte Bewohner - bis zu 100.000 Menschen - sei aus den Städten und Dörfern geflohen, schätzte die neuseeländische Regierung. Neuseeland und Australien gaben weitere Truppenentsendungen bekannt. Auch die ehemalige Kolonialmacht Portugal wollte 120 Polizeibeamte nach Osttimor schicken. Bisher sind etwa 2000 Soldaten aus Australien, Malaysia, Neuseeland und Portugal in dem Land stationiert. Die Europäische Union äußerte sich in einer Erklärung der österreichischen Ratspräsidentschaft besorgt über die sich verschlechternde Sicherheitslage und rief alle beteiligten Parteien auf, von jeder neuen Gewaltanwendung Abstand zu nehmen und zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Ruhe beizutragen.
Soldaten entlassen
Ausgelöst wurden die Unruhen durch die Entlassung von 600 streikenden Soldaten. Diese warfen der Regierung Diskriminierung vor, da sie angeblich wegen ihrer Herkunft aus dem Westen des Landes bei Beförderungen übergangen worden sind. Zudem gab es Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Armee- und Polizeieinheiten. Das entstandene Machtvakuum war von kriminellen Banden gefüllt worden.
Das politische Schicksal von Ministerpräsident Mari Alkatiri war zunächst unklar, der die Entlassungen der Soldaten im März beschlossen hatte und unter zunehmendem Druck steht. Krisengespräche über einen möglichen Rücktritt, den Alkatiri ablehnt, zogen sich hin. Wie die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa unter Berufung auf Teilnehmer berichtete, zeichnete sich als Lösung eine Regierungsumbildung ab, bei der Alkatiri weiter Ministerpräsident bliebe, Staatspräsident Xanana Gusmao jedoch das Kommando über Armee und Polizei erhielte.
"Versöhnt euch"
Mit einem verzweifelten Aufruf hatte sich Gusmao am Vortag an die Bevölkerung gewandt. "Bitte versöhnt euch, seid ruhig und helft anderen, ruhig zu sein", sagte der Unabhängigkeitsheld einer vor dem Präsidentenpalast in Dili versammelten Menge. Die UNO hatte am Sonntag große Teile ihrer Mitarbeiter abgezogen.