Viele Tschechen fragten sich regelmäßig, für welche Partei wohl Václav Havel, einst bekanntester Bürgerrechtler und nach der Wende Staatspräsident, am meisten Sympathien hege. Seit kurzem ist das Geheimnis gelüftet: Havel hat nicht nur offen erklärt, bei den Parlamentswahlen am 2. und 3. Juni grün zu wählen, sondern auch bekundet, "immer schon" grün gewesen zu sein.

Umfragen zufolge würde die Partei gegenwärtig ein Ergebnis um die zehn Prozent einfahren. Ein Hauptverdienst an dieser guten Stimmungslage wird dem Chef der Grünen, dem 47-jährigen Konsulenten für Umweltfragen, Martin Bursík, zugeschrieben. Ihm ist es gelungen, die früher tief zerstrittene Partei zu einen und gleichzeitig vom Image einer Öko-Sekte zu befreien. Seine Zurückhaltung bei der Präsentation von zentralen "grünen" Botschaften, wie Ablehnung der Atomenergie, wird Bursik bereits von einigen Kritikern in der Partei vorgehalten.

Die politischen Konkurrenten zielen wiederum auf einen anderen Aspekt aus Bursiks Leben, nämlich dass der Grünen-Chef in den vergangenen 16 Jahren dreimal die Partei wechselte, bis er bei der Ökopartei andockte. Zuvor war er bei zwei liberalen Gruppierungen und auch bei den Christdemokraten. Blickt man auf die Partei als Ganzes, ist das kein Ausnahmefall, denn die tschechischen Grünen sind in Wirklichkeit eine sehr bunte Truppe, deren weltanschauliches Spektrum von gutbürgerlich bis trotzkistisch reicht.

Das spiegelt sich auch in der Bildung einer Linksfraktion innerhalb der Partei wenige Tage vor den Wahlen wider. In einem Manifest der Initiatoren werden die Sozialdemokraten (CSSD) von Premier Jirí Paroubek als engste Verbündete der Grünen bezeichnet, berichtete die Tageszeitung Právo am Montag. Man lehne auch die Zusammenarbeit mit weiteren Linksparteien und Linkskräften, besonders mit den Gewerkschaften, nicht ab.

Bund mit den Kommunisten?

Ob damit auch die Kommunisten (KSCM) gemeint sind, war zunächst unklar. Offizielle Parteilinie ist, dass man sich an keiner Regierung beteiligt, die in irgendeiner Weise auf die Kommunisten angewiesen wäre.

Zugleich distanzieren sich die Unterzeichner des Manifests von der öffentlichen Unterstützung durch Václav Havel. Dieser gilt als vehementer Gegner der Kommunisten. (DER STANDARD, Printausgabe, 30.05.2006)