Die Sprache des Architekten ist die des nackten Stahlbetons, den er wie sein brasilianischer Landsmann Oskar Niemeyer mit unvergleichlicher Eleganz zu formen versteht: Porträt
Redaktion
,
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Istanbul – Außerhalb seines
Heimatlandes Brasilien ist er
so gut wie unbekannt, und es
ist ausgesprochen bedauerlich, dass Paulo Mendes da Rocha erst jetzt, im Alter von 77
Jahren, mit der Verleihung des
Pritzker-Preises ins internationale Architekturbewusstsein rückt. Am Dienstag bekommt er
in Istanbul den renommiertes 2. Spalte
ten Architekturpreis der Welt
überreicht. Nach Oscar Niemeyer ist er der zweite Brasiliner, der den von der Hyatt
Foundation gestifteten und
mit 100.000 US-Dollar dotierten so genannten Nobelpreis
der Architektur erhält.
Paulo Mendes da Rocha ist
einer jener Architekten, die
dem großen Tropenland diese
unverwechselbare, unerhört
kräftige Architektur verpasst haben, die als brasilianischer
"Brutalismus" bekannt ist.
Seine Sprache ist die des
nackten, skulpturalen Stahlbetons, den die Brasilianer allerdings mit einer Leichtigkeit
und Eleganz zu formen im
Stande sind, wie kaum andere.
Unmittelbar nach seinem
Studium in S˜ao Paulo gewann
Rocha den Wettbewerb für einen großen Sportkomplex in
Sao Paulo, 1969 baute er den
brasilianischen Pavillon für
die Expo in Osaka. Sein jüngstes herausragendes Werk ist
ein Skulpturenmuseum,
ebenfalls in S˜ao Paulo. Derzeit
arbeitet er an einem urbanistischen Konzept für die Universität von Vigo in Nordspanien,
ansonsten war der national
gut beschäftigte Brasilianer
kaum international tätig.
Paulo Mendes da Rocha, der
über seine Architektur ungern
spricht und sich selbst gern
Paulinho (Paulchen) nennen
lässt, kam 1928 in der Hafenstadt Vitória zur Welt. Er verbrachte einen Teil seiner
Kindheit auf der damals noch
idyllischen, heute in der Kloake der Guanabara-Bucht versinkenden Insel Paquetá in
Rio de Janeiro. Seit den 50er-
Jahren lebt er in Sao Paulo,
das, wie Rio, zu einem monströsen, nicht mehr überschaubaren Stadtmoloch ausufert.
Wie auch Oscar Niemeyer
(99) ist Paulo Mendes da Rocha Kommunist. Beide alten
Herren werden nicht müde,
die brasilianischen Stadtentwicklungen aufs Schärfste zu
geißeln. In einem Ö1-Interview meinte der Preisträger unlängst, die brasilianischen
Städte seien auf einem gefährlichen Weg in den Abgrund.
Die eigentlich bessere Ar^chitektur als jene des kommerziell getriebenen, die soziale
Apartheid verstärkenden
Wildwuchses seien die Slums,
die sich beständig ausbreiten:
"Ich mag die Favelas sehr, sie
sind intelligenter Urbanismus. Lobenswert ist die Courage unseres Volkes, selbst in
dieser Form die Stadt mitzubauen. Die Leute sagen, ich
warte nicht, bis die Stadt fertig
ist, ich kampiere schon daneben. Die Menschen dort haben
Selbstvertrauen. Sie manifestieren klar und politisch
scharf: Wir wollen hier bleiben, wir wollen Lebensqualität, wir haben Wünsche und
Hoffnungen." (DER STANDARD, Printausgabe, 30.5.2006)
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