Zöbing

Michaela Ehn

Foto: Ehn
Am Unterlauf des Kamp gibt es einen kleinen Flecken Wiese, der sich wunderbar zum Baden eignet. Man darf jetzt freilich nicht verraten, wo genau der zu finden ist, weil man sich sonst den Zorn und die Ablehnung der Zweitwohnungsbesitzer, die sich im Langenloiser Becken angesiedelt haben, zuzieht. Fuchsig werdens dann, die Wienerinnen und Wiener, die diesen Flecken gern exklusiv für sich haben. Aber wer sich einfach drauflegt auf die Decke in der Wiese und hin und wieder in den Kamp köpfelt, der muss nur die leicht säuerlichen Blicke ertragen – und hat ansonsten einen schönen Tag.

Weil so bis um vier oder fünf am Nachmittag sollte man schon warten, bevor man sich ins weinmäßige Vergnügen begibt. Denn: Ein Besuch im Kamptal ist keine Perestroika, vielmehr das Gegenteil. Hier könnte man eher sagen: Wer zu früh dran ist, den bestraft das Leben. Schließlich führt so eine „Tour de Vin“ zu vielen Winzern, zu Heurigen und in so manchen Keller, den man vorher noch nie betreten hatte.

Der Prototyp

In Langenlois empfiehlt sich unbedingt ein Besuch im Weingut Ehn. So einen frühlingsfrischen, jungen Veltliner wie den Verdino bekommt man selbst im Land des würzigen Pfefferls und der kühlenden Winde nicht überall. Da müsste man schon zum Bründlmayer fahren um dessen L(eicht) & T(rocken)-Wein zu erstehen. „Der Prototyp eines angenehmen Sommerweines," nennt ihn Viktor Siegl, einer der profilierten Weinjournalisten des Landes. Im Weingut an der Zwettlerstraße zu den Bürozeiten (8:00 bis 17.00) zu erstehen. Ebenfalls wunderbar sind die Veltliner des Jahrgangs 2005 von den Kamptaler Terrassen, vom Loiserberg und vom Berg Vogelsang.

Der Willi Bründlmayer legt zwar die Latte für die Kamptaler Weine sehr hoch, aber da gibt es beispielsweise noch das Weingut Ehn, das Sie keinesfalls links, pardon: rechts vom Langenloiser Hauptplatz liegen lassen sollten. Die Ehn-Geschwister, Michaela und Ludwig, haben seit gut einem Jahr einen schönen, neuen Verkost- und Verkaufsraum, und all die Weine aus allen Lagen – vom Panzaun bis zum Heiligenstein – können hier probiert und (bei Gefallen) gleich mitgenommen werden.

G’mischter Satz und Rosé

Eine kleine Entdeckung ist sicher der Gemischte Satz aus einer alten Anlage der Riede Panzaun, in dem sich acht duftige und würzige Sorten (vom Riesling über Gelben Muskateller bis zum Sauvignon blanc) vereinen. Sehr jung und schön auch der Riesling vom Loiserberg, frisch mit schöner Säure und subtilen Pfirischnoten.

Michaela Ehn hat auch ihre persönlichen Favoriten: „Bezüglich junger und leichter Weine gilt für mich, daß ich diese Art von Weinen sehr gerne bei schönem Wetter und warmen Temperaturen bevorzuge, heuer besonders unseren Rosé 2005 (Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Syrah, 12,5% alc) oder etwas luxuriöseres wie z.b. den Gelben Muskateller gespritzt mit einem Minzeblatt. Das sind die Weine, die ich eher mittags und am frühen Abend trinke, später allerdings bevorzuge ich eher die volleren bzw. reiferen Weine.“

Rustikal und medienscheu

Wenns der Zufall will, lernt man auch die Frau Jöbstl kennen, die in Langenlois sehr, darüber hinaus aber fast nicht bekannt ist. Michaela Jöbstl ist nämlich sehr Medienscheu und will mit der „Journaille“ lieber nichts zu tun haben. Zufällig daherkommende Weintrinker mag sie dagegen so sehr, dass Sie gleich zu einer Kellerführung samt Verkostung ihrer traditionellen Weine eingeladen werden. Alles wird bei ihr nach der alten Methode gemacht, moderne Kellereitechnik ist ihr ein Gräuel. So schmecken denn auch ihre Weine: Naturbelassen, erdig, kräftig, mit einer Nuance von Rustikalität.

Auch ein Tipp, den es für manche Weintrinker noch zu entdecken gilt: Das Weingut von Rudolf Sax, nur wenige Meter neben jenem von der Frau Jöbstl in der Walterstraße 16 gelegen.

Rieslingstoff pur...

In Hadersdorf, wo sich hin und wieder alte Recken der Bewältigung einer mörderischen Vergangenheit widersetzen, gibt es ein Weingut, das jedenfalls einen kurzen Zwischenstopp lohnt. Otto Hotzy keltert im „Turmhof“ eine kleine, feine Palette von Weinen, die jedem Sommertag noch eine spritzige Note verleihen. Unkompliziert ist der „Redling“, ein leichter, trockener Veltliner, ausgeprägter und dicht der „Guglzipf“ aus einem 45 Jahre alten Weingarten, dann ein feinwürziger und fruchtiger Welschriesling und zwei Rheinrieslinge von den Lagen Gaisberg und Heiligenstein. Letzerer ein Klassiker mit reifen fruchtigen Pfirsichnoten, sehr dicht und komplex. Wie man so sagt: Rieslingstoff pur.

... von den Toplagen der Region

Ein paar Steinwürfe nur weiter (kommt drauf an, wie weit Sie werfen können), das Weingut Hirsch in Kammern. Ein moderner, transparenter Verkostraum öffnet den Blick auf die beiden Toplagen der Region, die berühmten Weinberge Heiligenstein und Gaisberg. Die eingespielte Zusammenarbeit der Generationen ist das Geheimnis des nachhaltigen Erfolges: Josef Hirsch vertraut bei der Weingartenpflege auf seine Erfahrung und Einsicht in die Abläufe der Natur. Johannes Hirsch zeigt vor allem Fingerspitzengefühl und viel Geschmack bei der Vinifikation und Reifung der Weine. Dadurch entstehen saftige und bekömmliche Weine, die sich durch markante Aromen, Komplexizität, kompakte Struktur und eine feine Balance auszeichnen.

Die jungen Weine müssen bei Hannes Hirsch freilich einen subjektiven Test bestehen, bevor sie abgefüllt und verkauft werden. Wie das? Hannes Hirsch im O-Ton: „Bei uns gibt´s zur Zeit GV ‘Trinkvergnügen # 4‘, GV Kammerner Heiligenstein und Riesling ‘Zöbing‘ – alles 05er – im Verkauf. Wir bringen das 11 - 11,5%ige Trinkvergnügen immer erst Ende Februar, die anderen 2 ‘mittleren‘ (12 - 12,5%) erst Ende März. Wir sind hier 2 – 3 Monate ‘hinten‘. Ich denke, daß auch diese Weine Zeit nach der Gärung benötigen um sich ein bissl zu beruhigen. Von den ganz jungen werde ich nämlich magenkrank. Ich kann mit der aggressiven Säure und Kohlensäure einfach nix anfangen... Aber jetzt passen die 05er!“

Und auf die Frage, welche Winzer-Kollegen er uns empfehlen könne, sagt Hannes Hirsch: „Neben den üblichen Topwinzern von Loimer über Brandl bis Gobelsburg denkt man noch immer zu wenig an Leute wie Gerald Schneider aus Gobelsburg oder PADO - also das Weingut von Peter Dolle junior in der Weinklause.“ Aber ab jetzt denken wir auch in diese Richtung…

Mit Blick übers Kamptal

Von Kammern führt eine schmale, sehr reizvolle Landstraße am Fuß des Heiligenstein nach Zöbing. Oben in der Kellergasse befindet sich das Weingut Frei, das nicht nur einen der preiswertesten, sondern auch einen der schönsten Jungweine aus der Rieslingtraube anbietet. Hier etwas absitzen und den Blick übers Kamptal schweifen lassen, ist allein schon den ganzen Weg – woher immer Sie kommen – wert. Dennoch sollten Sie noch eine Station anhängen und weiter nach Schönberg fahren.

Weil in Schönberg am Kamp steht die Weingärtnerei und Weinstube Aichinger. Nach all den vielen kleinen Kostproben von jungen Weinen will der Körper sein Recht, was heißt: etwas Kräftiges und dabei Gutes zum Essen. Sollten Sie zum Beispiel Backhendl lieben, dann fahren Sie getrost zum Aichinger. Der Wirt ist zwar auch Kellermeister und macht einen Gemischten Satz aus gleich zehn Sorten – sehr kompakt und komplex übrigens – und vier verschiedene Grüne Veltliner (mineralisch mit Zitrusnoten die leichteren, würzig, saftig und schmelzig die kräftigen), gleichzeitig managt Josef Aichinger mit seiner Frau Anna auch den Gastbetrieb.

Best of Backhendl

Sollten Sie jemals außerhalb der Steiermark (wo es auch große Unterschiede gibt, aber wo gibt’s die nicht?) ein besseres Backhendl als jenes aus den Keulen dieser Waldland-Hühner beim Aichinger gegessen haben: Teilen Sie uns unbedingt die Adresse mit! Ansonsten gilt: Aichinger for Backhendl-President! Auch frische Salate, gschmackige Blunzn, Gselchtes und Schweinsbraten gewissermaßen in Perfektion.

Alles Bio? Was sonst, sagt dazu der Wirt und Winzer, und schenkt noch ein Glas vom Roten Traminer zum Käse ein. Oder einen Eiswein vom Grünen Veltliner bzw. eine TBA vom Weissburgunder. Ob Sie dazu dann die Buchteln mit Mohn- und Powidlfülle nehmen oder die Grießflammerie mit Nougatsauce oder sowohl dies wie das bleiben lassen, müssen Sie entscheiden. Der Tag jedenfalls ist ja wohl gelaufen.

Und anderntags dann bitte wieder mit einem Bad im Kamp beginnen.