Foto: STANDARD/Urban, Collage: Beigelbeck
Der Glücksspielmarkt in Österreich ist seit Jahren durch eine Mischung aus beißender Konkurrenz und mühevollem Miteinander zweier Großkonzerne gekennzeichnet: Hier die staatliche Casinos AG und ihre Schwester, die Lotterien AG, da der Gumpoldskirchner Aufsteiger, die Novomatic AG (im Eigentum des Spielautomaten-Pioniers Johann Graf).

Die Novomatic kämpfte jahrelang gegen das Monopol, einigte sich dann mit den staatlichen Spielbanken und liefert seitdem auch voll elektronische "Einarmige Banditen" in die zwölf Casinostandorte im eigenen Land. Jetzt haben die beiden wieder eine Reibefläche gefunden: das "kleine Glücksspiel", eine Ausnahme vom Monopol mit limitierten Einsätzen (50 Cent) und Gewinnen (20 Euro pro Spiel).

"Schwarze" Automaten

Bisher war das kleine Glücksspiel nur in Kärnten, der Steiermark und Wien erlaubt – 5500 Automaten sind aufgestellt. In Niederösterreich wird es gerade eingeführt, die ersten Bewilligungen für derzeit sechs geplante Spielzentren soll es im September geben. Novomatic schätzt, dass 4000 bis 5000 "schwarz" betriebene Geräte in anderen Ländern stehen. Für Novomatic stellt die Liberalisierung eine große Wachstumschance dar – sie produziert und verleiht die Geräte und betreibt Wettcafés über die Tochter Admiral – dort werden Geräte aufgestellt.

Die staatlichen Lotterien wiederum betreiben neuerdings Video-Lottery-Terminals – rechtlich gesehen kein Glücksspiel, aber vom Charakter her verwandt. In Mayerhofen, Ebreichsdorf, Lienz, Schärding und Wien stehen rund 350 Terminals, entstehen sollen bis zu 50 Standorte.

Die Österreichischen Lotterien setzten 2005 etwas mehr als 1,8 Milliarden Euro um. Das Plus von 17 Prozent sei im Wesentlichen auf die Entwicklungen bei der Spieleplattform win2day.at bei den EuroMillionen zurückzuführen, aber auch auf den Ausbau von WinWin (Video Lottery Terminals), heißt es. Drei Viertel aller Österreicher über 14 Jahre nehmen zumindest gelegentlich an zumindest einem Spiel der Österreichischen Lotterien teil. Der Lotto-"6 aus 45"-Spielerkreis umfasst 52 Prozent, 14 Prozent geben regelmäßig Tipps ab.

Casinos: Umsatz sinkt

Die Casino AG setzten im Jahr 2004 (aktuellste Zahlen) in Österreich 292 Millionen Euro um, Tendenz weiter sinkend. Sprecherin Bettine Strobich: "Wir haben hinsichtlich Umsatz und Besuchern in den internationalen Casinos eine schöne Steigerung, in den österreichischen Casinos einen leichten Rückgang. Wir sind jedoch zuversichtlich, die Zahl der Gäste in Österreich – zumindest – zu stabilisieren."

Wie beim herkömmlichen Glücksspiel verändert auch bei den Sportwetten die Elektronisierung die Branche: Wiewohl: Sportwetten als "Glücksspiel" zu bezeichnen, das sollte man besser unterlassen, wenn ein professioneller Buchmacher anwesend ist. Schließlich wird auf Ereignisse gewettet, deren mögliche Ausgänge von Fachleuten in ihrer Wahrscheinlichkeit bewertet werden, was sich schließlich wieder in Wettquoten ausdrückt.

Dafür sind Fachleute notwendig, und als solche sehen sich nicht selten auch die Wettenden – zu 90 Prozent Männer – selbst. Manchmal sind sie wahrscheinlich zu viel "Fachmann", um noch lauter am Business teilnehmen zu dürfen, wie der aktuelle Skandal um Juventus Turin wieder einmal zeigt.

Kein WM-Zusatzgeschäft

Sei es, wie es sei, vor der Fußball-Weltmeisterschaft tritt das Phänomen Wetten aus den verrauchten Sport-Cafés und Buchmacherlokalen wieder ins Rampenlicht. Für den professionellen Buchmacher ist eine WM ein gar nicht so erfreuliches Ereignis, wie man landläufig annehmen mag. "Die bringt uns kein Zusatzgeschäft", sagt Helmuth Grubmüller, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des österreichischen Buchmacherverbandes im STANDARD-Gespräch. Während des "normalen" Meisterschaftsbetrieb gebe es "mehr Spiele und es wird mehr gewettet".

Laut Schätzungen wetten nur ein bis zwei Prozent der Bevölkerung auf Sportereignisse, umgesetzt werden damit rund 1,9 Milliarden Euro (im Vorjahr). Neulinge würden anlässlich von Großereignissen vielleicht zu einer oder zwei Wetten mitgerissen, jedoch profitiere davon mehr das Internet, wo man drei Schritte von der Wohnzimmerbank entfernt Einsätze platzieren kann. "An die 50 Prozent des Gesamtgeschäftes läuft in Österreich schon übers Internet, international sind es noch mehr", so Grubmüller.

Ein Abbild dieser Entwicklung ist der raketenhafte Aufstieg von Unternehmen wie Betandwin, gegründet in Österreich, aber mit Sitz im buchmacherfreundlichen Gibraltar. Betandwin ist die erfolgreichste Aktie der jüngeren Wiener Börsengeschichte. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.5.2006)