Wien – Am Wochenanfang hatte der ÖGB als Bawag-Eigentümer ein letztes Mal aufbegehrt. "Etliche im Präsidium waren überheblich, sie hatten den Ernst der Lage noch immer nicht erkannt", erzählt ein Teilnehmer jener Sitzung, in der Bawag-Chef Ewald Nowotny und der US-Anwalt mit den Eigentümern Tacheles geredet hatten. Nowotny sei "so sauer gewesen, dass er es dem ÖGB frei gestellt hat, doch einen eigenen Vergleich in den USA zu schließen."

Grund fürs Aufbäumen, das doch nur Muskelschwund zutage brachte: Der ÖGB meinte, gegen US-Klagen gefeit zu sein, obwohl seine Desana Stiftung (hielt 27 Prozent an Refco) wirtschaftlich der Bawag zuzurechnen sei. Das Gegenargument schlug: Ohne sofortigen Vergleich gehen Bawag und ÖGB pleite.

Fortsetzung des Streits

Der Streit um die Haftung für die Bawag setzt sich nun im ÖGB und den 13 Einzelgewerkschaften fort. Immer heftiger begehrt die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) auf, was sich in ihrem Abstimmungsverhalten für (oder besser: gegen) Neo-Finanzchef, Clemens Schneider, niederschlug. Der "Ziehsohn" von Ex-ÖGB-Finanzer Günter Weninger gilt manchen als "falsches Signal". Hintergrund: Die GPA hätte ihn gern selber gestellt, war sie doch bereits beim ÖGB-Präsidenten leer ausgegangen.

Für großen Unmut sorgt auch die Idee von GPA-Chef Wolfgang Katzian, die Gewerkschaften nach Branchen zu ordnen. Einer seiner Gegner: "Katzian will die Einzelgewerkschaften auflösen, um den ÖGB zu retten. Umgekehrt wäre es besser." Denn die Kollektivverträge machen die Teilgewerkschaften, der ÖGB als Sozialpartner sei moralisch bankrott. (gra, ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.5.2006)