Bild nicht mehr verfügbar.

"Es geht um die Standort­attraktivität Österreichs, und darum, dass jede Bürgerin und jeder Bürger gleichermaßen an den Chancen der Informations­gesellschaft teilhaben kann", betont Rudolf Fischer.

Die ARGE Breitband Austria besteht aus elf der größten Unternehmen der österreichischen IKT-­Branche. Die Plattform repräsentiert fast zwei Drittel des österreichischen IKT-­Marktes und beschäftigt rund 36.000 Mitarbeiter. Die Partner in der ARGE Breitband Austria sind Alcatel Austria, Cisco Systems Austria, HP Österreich, IBM Österreich, Kapsch CarrierCom AG, Microsoft Österreich, SAP Österreich, Siemens AG Österreich, Telekom Austria, UPC Telekabel und Tele2UTA.

Die Fragen stellte Klaus Kraigher.

Bild: apa/ots/ arge breitband

Die ARGE Breitband Austria besteht aus elf der größten Unternehmen der österreichischen Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)-Branche. Ziel der Plattform ist der Ausbau der IKT-Struktur und damit die Erhöhung der Nutzung von Breitband in Österreich. Rudolf Fischer, ARGE-Breitband-Sprecher und Vorstandsdirektor der Telekom Austria, spricht im WebStandard-E-Mail-Interview über beispielhafte Modelle in Finnland, Großbritannien oder Frankreich, seine Wünsche an die politischen Parteien und die Sinnhaftigkeit eines "IKT-Masterplans".

WebStandard: Österreich ist bei der Verbreitung von Breitband- Internetzugängen im Vergleich zu den anderen 24 EU-Staaten zurückgefallen. Während das Land im Jahr 2004 noch auf dem sechsten Platz rangierte, lag es im Vorjahr 2005 nur mehr an neunter Stelle. Woran liegt das?

Rudolf Fischer: Derzeit nutzen rund ein Drittel der österreichischen Haushalte Breitband-Internet. Damit liegen wir EU-Mittelfeld, wobei die führenden Länder Niederlande und Dänemark bereits Werte von über 50 Prozent erreichen. Technische Reichweite ist dabei die eine Sache – die ist in Österreich mit über 90 Prozente der Haushalte, die Breitband-Internet nutzen können, schon sehr hoch und hier wurden von den Telekomunternehmen in den vergangenen Jahren enorme Investitionen getätigt.

Man muss das Thema jedoch breiter sehen: Damit Breitband-Internet von den Menschen angeschafft und genutzt wird, braucht es vor allem attraktive Dienste, Applikationen und Inhalte. Dies betrifft den Medienbereich ebenso wie Gesundheitswesen, Verwaltung und Bildung, um nur einige zu nennen. Wir haben vor rund zwei Jahren gesehen, dass Österreich eine bundesweite Offensive braucht, um diese Entwicklung zu beschleunigen. In anderen Ländern wie Finnland, Großbritannien oder Frankreich wurden bereits vor Jahren regierungsnahe, ressortübergreifende Koordinationsstellen für Fragen der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) geschaffen – mit dem Ziel, die Entwicklung und Nutzung innovativer Technologien nachhaltig zu fördern.

Dies war auch der Grund, warum wir vor knapp zwei Jahren die "ARGE Breitband Austria" ins Leben gerufen haben. In der ARGE sitzen Experten von elf der größten IKT-Player Österreichs, und wir haben gemeinsam einen Katalog von Handlungsempfehlungen erarbeitet, die wir mit den Verantwortlichen der Parlamentsparteien intensiv diskutiert haben.

WebStandard: Im November 2005 wurde ein über 180 Seiten starker "IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie)-Masterplan" durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) präsentiert, der 44 Einzelmaßnahmen zur Verbesserung des IKT-Standortes Österreich enthält. Ist die ARGE Breitband mit der Umsetzung des Masterplans bisher zufrieden?

Rudolf Fischer: Der vom BMVIT und Vizekanzler Hubert Gorbach initiierte und von der Regulierungsbehörde RTR erarbeitete IKT-Masterplan deckt viele der wesentlichen Bereiche einer zeitgemäßen IKT-Strategie ab. Wir wünschen uns nun, dass rasch wesentliche Schritte zur Umsetzung gemacht werden. Wichtig ist es im heurigen Wahljahr auch, dass IKT ein Bestandteil der Wahlprogramme wird und alle Parteien in einen konstruktiven Ideenwettbewerb eintreten. Dieser muss letztlich in einem Regierungsprogramm münden, das einem innovativen IKT-Standort gerecht wird.

WebStandard: Sehen Sie IKT derzeit als Bestandteil der Wahlprogramme der unterschiedlichen Parteien?

Rudolf Fischer: Die Wahlprogramme sind derzeit in Ausarbeitung. Die ÖVP und ihre IKT-Sprecherin Karin Hakl haben ja bereits am 18. April ihre Überlegungen zu einer künftigen IKT-Strategie Österreichs präsentiert. Aus Sicht der ARGE Breitband ist es dabei als wesentlicher Fortschritt zu werten, dass erstmals in einem Programm einer Regierungspartei die Schaffung eines zentralen IKT-Koordinators mit eigener Budgethoheit für notwendig erachtet wird. Die ARGE hat diesen Koordinator schon seit ihrer Gründung im Herbst 2004 eingefordert. Nachdem in den vergangenen zwei Jahren auch die SPÖ und die Grünen großes Verständnis für die immense Bedeutung von IKT für Wirtschaftsstandort und Arbeitsplatzschaffung gezeigt haben, sind wir optimistisch, dass sich dies auch in den Wahlprogrammen entsprechend abbilden wird.

Weiter: Sinnhaftigkeit eines zentralen IKT-Koordinators, Anreizmodelle für Investitionen für Provider und wo Österreich 2010 in Sachen Breitbandnutzung stehen wird.

WebStandard: Die ARGE Breitband hat seit ihrer Gründung die Schaffung eines zentralen IKT-Koordinators mit eigener Budgethoheit gefordert, dieser Koordinator ist nun im "IKT-Masterplan" der ÖVP enthalten. Welche Effekte erhoffen Sie sich dadurch?

Rudolf Fischer: Wir erwarten uns eine effektive und effiziente Bündelung der IKT-Agenden. IKT ist eine Querschnittsmaterie und daher bei einem ressortübergreifenden Koordinator anzusiedeln. Es gibt einige Beispiele von Ländern innerhalb der EU, wo dies sehr gut funktioniert. Großbritannien beispielsweise hat bereits 2001 dem "Office of the e-Envoy", angesiedelt im "Cabinet Office", den Lead für das Projekt "UK Online – the Broadband Future" übertragen. Ende 2005 waren bereits knapp 40 Prozent der Haushalte Großbritanniens mit Breitbandzugang ausgestattet!

In Finnland, das in vielen Innovationsbereichen weltweit eine Spitzenposition einnimmt, wurde bereits in den 1980er Jahren das "Science and Technology Council" unter Vorsitz des Premierministers gegründet. Es berät die Regierung in allen Wissenschafts- und Technologiefragen. Ein aktuelles Programm hat es sich zum Ziel gesetzt, Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität, soziale und regionale Gleichheit sowie Lebensqualität der Bürger durch IKT zu verbessern. Es involviert führende Stakeholder und wird vom Premierminister persönlich geführt.

Letztlich erhoffen wir uns – und das ist die eigentliche Antwort auf Ihre Frage – von einer koordinierten IKT-Strategie, dass Österreich wieder unter die Top 5 der europäischen IKT-Länder kommt. Es geht um die Standortattraktivität Österreichs, und darum, dass jede Bürgerin und jeder Bürger gleichermaßen an den Chancen der Informationsgesellschaft teilhaben kann.

WebStandard: Ist es Aufgabe der Politik, Breitband durch Förderungen und Geld zu pushen oder sollte sie die Akzeptanz durch den Ausbau der E-Government-Aktivitäten oder der Erleichterung von Teleworking erhöhen?

Rudolf Fischer: Wichtiger als Interventionen durch die öffentliche Hand, ist es, Anreizmodelle zu schaffen, damit Telekom-Unternehmen in Infrastruktur investieren können. Zurzeit sind die Investitionen in Telekom-Infrastukur in ganz Europa rückläufig, da Unternehmen keine Risikoabgeltung für ihre Investitionen erhalten. Parallel dazu ist es natürlich sinnvoll und empfehlenswert, durch die Weiterentwicklung interaktiver Services und Content die Akzeptanz in der Bevölkerung zu stärken.

WebStandard: In Österreich nutzen im Durchschnitt zwölf Prozent der Bevölkerung einen Breitband-Anschluss. Wie hoch wird der Prozentanteil im Jahr 2010 sein?

Rudolf Fischer: Dazu muss man wissen, dass sich der Breitbandmarkt in Österreich äußerst dynamisch entwickelt und die 12 Prozent, die die EU in ihrem Implementierungsbericht nennt, auf einer Datenbasis von Oktober 2005 beruhen.

Arthur D. Little geht in seinem Broadband Report davon aus, dass in gut entwickelten Breitbandmärkten 2010 75 Prozent der Haushalte Breitband nutzen werden. Eine Prognose, die nur unter optimalen Rahmenbedingungen eintreten kann.

In z.B. Südkorea, in dem IKT seit langem von staatlicher Seite strategisch gefördert wird, sind bereits heute Dreiviertel aller Haushalte mit Breitband versorgt, 2010 werden es bis zu 90 Prozent aller Haushalte sein.

Um den Anteil der Breitbandnutzer in Österreich bis 2010 auf 75 Prozent steigern zu können, ist es absolut notwendig, IKT innerhalb der Regierung zu priorisieren.