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Wien - Der musikalische Rahmen im Konzerthaus entsprach dem Wahlkampfauftakt einer Partei, die gewohnheitsmäßig behauptet, die Tradition mit der Moderne zu verbinden. Die Tradition besorgte das Tonband mit einer Einspielung des Präludiums zum Te Deum in D-Dur von Marc- Antoine Charpentier, besser bekannt als "Eurovisionsmelodie". Dazu lässt sich trefflich schreiten, daher schritten Bundeskanzler Wolfgang Schüssel samt Gemahlin sowie der gesamte schwarze Teil der Bundesregierung, begleitet von Ovationen der 1800 geladenen Gäste, im großen Saal ein.

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Die Moderne lieferte das Vienna Sound Orchestra live mit einer Mozart-Adaption, die sich anhörte, als wäre die Popgruppe ABBA gezwungen gewesen, eine kollektive Stimmbandlähmung mit Streichern von James Last zu kompensieren.

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Gleich zum Aufwärmen gab Innenministerin Liese Prokop die Richtung vor, in die der Bundeskanzler seine Rede zur Lage der Nation entwickelte. "Was kann es demokratischeres geben als eine Volkspartei in der Regierung", fragte Prokop eher rhetorisch als programmatisch. Schüssels Antwort war eine einstündige Ausräumung des im Publikum ohnehin nie keimenden Verdachtes, es könnte etwas anderes geben.

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Von der Pensions- zur Steuerreform, vom sechsmonatigen Wehrdienst – den Bruno Kreisky versprochen und die VP-Regierung durchgesetzt habe – bis zum Kindergeld, das mittlerweile von 75 Prozent der Bevölkerung begrüßt werde, der Kanzler ließ nichts aus. So viel Zustimmung erwarte er sich bei der Wahl nicht, meinte Schüssel bescheiden: "Ich weiß, dass wir mit dieser Zustimmung aufrecht und gelassen in die Wahl gehen können."

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Die letzten sechs Jahre seien für Österreich eine einzige Erfolgsgeschichte gewesen, die das Land vom vorletzten Platz innerhalb der EU-Staaten auf den dritten gebracht hätte. Die Wirtschaft blühe, die Arbeitslosigkeit sinke, die Exporte seien weiter im Steigen – man dürfe also schon ein bisschen stolz auf das Erreichte sein, meinte der Kanzler.

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Den Lieblingsfeindbildern der Opposition, Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Bildungsministerin Elisabeth, spendete Schüssel nur Lob: Wie etwa Gehrer das "Exzellenzzentrum" in Klosterneuburg, im Volksmund auch Elite-Uni genannt, durchgesetzt habe, sei einzigartig: "Es ist geradezu eine Orwell'sche Sprachkunst, einen derartigen Erfolg in der Bildungspolitik umzudrehen."

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Für die SPÖ hatte Schüssel erwartungsgemäß nur Spott und Häme übrig. "Wer nicht wirtschaften kann, schafft auch keine Arbeitsplätze." Die SPÖ tue so, als ob sie von de Bawag nie gehört habe, AK- Präsident Herbert Tumpel sei abgetaucht, ebenso Ex-Gewerkschaftspräsident Fritz Verzetnitsch, und der ehemalige Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner denke nicht daran, sein Penthouse zu räumen

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Mit den Schlagworten Neoliberalismus, Abzocker, Heuschrecken, die von den Linken in die gesellschaftspolitische Debatte eingeführt worden seien, habe es eine besondere Bewandtnis: "Wir sind mit diesen Inhalten nicht gemeint." Aber im Großen und Ganzen sei Österreich "auf der Überholspur, und dass wir nicht auf den Pannenstreifen zurückfallen, dafür müsst ihr sorgen im Herbst bei der Wahl", rief Schüssel seinen Fans zu.

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Dass sich darunter – neben der Prominenz des weiteren VP-Umkreises – auch ORF-Generaldirektorin Monika Lindner befand, empörte nicht nur die Opposition, sondern auch den Koalitionspartner. BZÖ- Sprecher Uwe Scheuch drohte unverblümt Konsequenzen an: "Das war sicher kein Signal für die wichtige Entpolitisierung des ORF. Der Auftritt Lindners an der reinen VP- Veranstaltung ist für deren Wiederwahl sicher nicht förderlich."

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SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos sprach von einem "selten unverblümten Bekenntnis des öffentlich- rechtlichen Rundfunks für die Unterstützung einer Partei". Grünen-Sprecher Alexander Van der Bellen fragte nach, ob Lindner und ihrem Team "gar nichts mehr peinlich" sei. (Samo Kobenter/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.5.2006)

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