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"Insofern ähnelt die in den Grundzügen fertig gestellte Theaterreform einem Rohbau, den man für seine Licht- und Luftdurchlässigkeit lobt, ehe man darangeht, sich nach geeigneten Mietern umzuschauen." --> Kommentar
Was gespielt wird

Foto: dpa/Guido Bergmann
Wien - Das ergötzlichste Förderleitbild des Tages bestand im einträchtigen Zusammensitzen der Parteienvertreter. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) lud im Beisein von Marie Ringler (Grüne) und Franz-Ferdinand Wolf (VP) zur Bilanzziehung in Sachen Theaterreform in das von Hubsi Kramar bespielte "3raum Anatomietheater": einen jener "zwischengenutzten" Theaterräume, deren temporäre Bespielung in den kommenden Jahren zur vielerorts geübten Usance werden soll.

Die Bilanz berauscht durch eine eifrig dokumentierte Wachstumsgesinnung und die Legung von Umtriebigkeitszeichen. Von 14 auf knapp 22 Millionen Euro sei das für die Wiener Off-Theater aufgewendete Budget von 1999 bis 2006 gestiegen. Das Durchstoßen einer "gläsernen Decke" habe den Zugriff auf die ehemals unantastbaren Mittelbühnen gewährt. Wie die Schichten einer Cremetorte kommen Strukturen aufeinander zu liegen, die beim "Evaluieren" helfen sollen.

Das Dreierkuratorium (Uwe Mattheiß vertrat dessen Agenda auf dem Podium) wird im Herbst personell erneuert. Die für die Vergabe von vierjährigen Konzeptförderungen und diverse Auslobungen zuständige Theaterjury wird bei anfallenden Neuvergaben frisch konstituiert. Marie Ringler betonte ihrerseits, bei der Formulierung der Ausschreibungstexte für die dietheater wie für das Wiener Schauspielhaus um einige "Formulierungen" hingebungsvoll gerungen zu haben.

Die Ausschreibungen markieren zugleich Einschnitte: Aus dem Bühnenkonsortium von Künstlerhaus und Konzerthaus wird ein "Koproduktionshaus" modelliert, dem man eine weitere Spielstätte zuschanzt (es könnte sich dabei um das Theater des Augenblicks handeln). Für das Odeon ist eine Stiftungslösung in Aussicht genommen, deren Beschickung durch die Stadt Erwin Piplits und Ulrike Kaufmann vorderhand nicht vergrätzen soll, aber eine neue Leitungsperspektive für die Zeit nach 2009 eröffnet.

Endgültig fixiert scheint hingegen die schrittweise Umwidmung des Theaters am Petersplatz, wo einander alsbald die Kulturen begegnen ("Treffpunkt Petersplatz"). An die Seite von Dieter Haspel wird 2007 ein Koleiter entsandt, der nach einer "Übergangsphase" die Alleinverantwortung übernimmt. Die Intendanz des mit einer Subventionserhöhung von 120.000 Euro bedachten Kosmos Theaters soll bis Herbst 2009 neu ausgeschrieben werden.

Allerlei Lesarten

Bilanzpapiere sind freilich auch trügerisch: Die vom Kuratorium begutachteten Projektförderungen werden mit gerade einmal 2,6 Millionen Euro bedacht - entgegen den angedachten vier. Unter den Rubriken "Standortförderung" und "Strukturmaßnahmen" werden 1,4 beziehungsweise eine Millionen Euro angeführt. Die Überschriften machen nicht recht deutlich, dass unter ihrer Bemäntelung Theater subventioniert und teilentschuldet werden, deren mehr oder minder hehre Daseinszwecke als rein "demografische" anzusehen sind: Genannt sei ausdrücklich das Floridsdorfer Gloria Theater.

Mattheiß' erläuternde Worte markierten denn auch den kleinsten gemeinsamen Nenner einer in vielerlei Richtungen ausscherenden Reform: Wichtig seien nicht so sehr die erzielten Teilergebnisse, sondern die "Implementierung von Veränderbarkeit", die nur am quasi selbsttätigen Funktionieren der einmal installierten Werkzeuge gemessen werden kann. (DER STANDARD, Printausgabe, 13./14.5.2006)