Panorama
Computerpanne machte der Expo zu schaffen
"Bild" titelte: "Die erste Millionenpanne"
Hannover - Stellen Sie sich vor, es ist
Expo und keiner geht hin - weil es wegen einer Computerpanne
keine Vorverkaufskarten gibt. Ganz so schlimm ist es nicht
gekommen, doch waren die Veranstalter am ersten Expo-Wochenende
gleichwohl bestürzt: Das Buchungssystem, über das der
bundesweite Kartenvorverkauf in Reisebüros und die Deutsche Bahn
[DBN.CN] abgewickelt wird, war zusammengebrochen. Das hatte zur
Folge, dass es Eintrittskarten nur noch über eine Hotline und an
den Kassen des Expo-Geländes gab. Nach dem fröhlichen Start mit
mehr als 150.000 Gästen blieben die Besucherzahlen dadurch an
den Folgetagen deutlich hinter den Erwartungen zurück. Eine
Boulevardzeitung titelte: "Expo 2000: Die erste Millionenpanne".
Am Sonntag bemühten sich die Organisatoren deshalb um
Schadensbegrenzung. Denn neben entgangenen Einnahmen droht nun
ein Imageschaden. Der wäre besonders zu Anfang der Expo fatal,
weil von dem Eindruck in den ersten Tagen abhängt, ob die erste
Weltausstellung in Deutschland ein Erfolg wird oder ein Flopp.
Expo-Sprecherin Wibke Bruhns betonte vor der Presse, von
einer "Millionenpleite" könne keine Rede sein. Die Computerpanne
werde hoffentlich am Montag wieder behoben sein, die
Zuschauerzahlen dann wieder steigen. Falls nicht, könnte das
Computerproblem allerdings "fatale Folgen" für die Expo haben,
räumte Bruhns ein. Die Veranstalter arbeiteten unterdessen mit
Hochdruck daran, einen Ersatz für das elektronisch danieder
liegende Buchungssystem zu finden. Fieberhaft wurde nach
Alternativen gesucht, ohne dass diese bis Sonntagnachmittag
genannt werden konnten.
Das Buchungssystem "Start Amadeus" , an das über
8000 Reisebüros und Vorverkaufsstellen der Bahn angeschlossen
sind, war am Freitag unter der Last von 40.000 bis 60.000
Anfragen zusammen gebrochen. Die Expo-Eröffnung sei wohl so
erfolgreich gewesen, dass sich immer mehr Menschen entschlossen
hätten, die Weltausstellung zu besuchen, vermutete der für das
diesen Bereich verantwortliche Mitglied der Geschäftsführung,
Walter Krombach.
"Bild am Sonntag" war auf insgesamt 1,8 Millionen Mark
gekommen, die der Expo-Gesellschaft dadurch entgingen, dass sie
den sonst fälligen Zuschlag von 20 Mark je Kartenkauf am Eingang
wegen der Buchungspanne vorerst nicht kassiert. Bei den 300.000
für das Wochenende erwarteten Besuchern hätten die Organisatoren
mit etwa 30 Prozent gerechnet, die ihre Eintrittskarte direkt an
den Geländekassen kauften. Bei 90.000 Gästen entgingen der Expo
nun je 20 Mark - insgesamt also 1,8 Millionen, rechnete die
Zeitung vor.
Bei dem Computerproblem hat es den Anschein, als hätte sich
der gelungene Auftakt inzwischen gegen die Expo gewandt. Wenn
das gute Medienecho vom Eröffnungstag tatsächlich dafür gesorgt
hat, dass das Interesse gestiegen ist und immer mehr Karten
geordert werden, entgehen der Weltausstellung potenzielle
Besucher. Wegen der Computerpanne musste die Expo zunächst alle
Gäste zu dem um 20 Mark günstigeren Vorverkaufspreis auf das
Gelände lassen. Eine Tageskarte kostete nur 69 statt der sonst
fälligen 89 Mark.
Auch die Parkplatzbuchungen mussten ausgesetzt werden. Damit
kommt ein weiteres Problem auf die Expo zu: Sie wollte die Zahl
der mit dem Auto anreisenden Gäste so gering wie möglich halten.
Die Besucher sollten mit der Bahn kommen. Nun heißt es: "Alle
Parkplätze sind offen."
Der erhoffte Besucherandrang blieb aber auch deshalb aus,
weil wohl viele das lange Wochenende nutzten und verreisten.
Nach dem Start mit 150.000 bis 160.000 Gästen kamen am Freitag
und Samstag jeweils nur 70.000 nach Hannover, halb so viele wie
erwartet worden waren. Am Sonntag wirkte das Expo-Gelände gar
spärlich besucht. Die Veranstalter münzten diesen Umstand
kurzerhand argumentativ in einen Vorteil um. Durch die geringere
Besucherzahl gebe es die zu Anfang beklagten Schlangen vor den
Pavillons nicht mehr, betonte Krombach.
Expo-Chefin Birgit Breuel zeigte sich dennoch optimistisch,
dass sich die Besucherzahlen in den nächsten Wochen wieder nach
oben zeigen. Breuel sprach von dann täglich 150.000 verkauften
Karten. Gegen Ende der Weltausstellung sollten es sogar 400.000
täglich sein, um den Besucherschwund vom Beginn ausgleichen zu
können.
Eine Zuschauerattraktion war am Sonntag erneut der von
spanischen "Castellers" gebaute mehrstöckige Menschenturm. Den
sahen sich vor der Freitreppe an der Expo-Plaza mehrere hundert
Zuschauer an. Auch das von marokkanischen Reitern aufgeführte
Wüstenritual "Fantasia", bei dem alle Reiter zum Schluss ihre
Büchsen gleichzeitig abfeuern, war gut besucht. In vielen
anderen Pavillons waren allerdings nur wenige Besucher zu sehen.
Es bleibt den Veranstaltern die Hoffnung, dass die Zahlen bald
anziehen und bis Ende Oktober wie im Expo-Haushalt zu Grunde
gelegt 40 Millionen Karten verkauft werden können - sonst würde
die erste Weltausstellung in Deutschland finanziell zu einem
Reinfall. (Reuters)